"Bufdis" machen in Deutschland Schule

Ein Bundesfreiwilliger, kurz „Bufdi“, im Einsatz: Wo früher in Deutschland Zivildiener arbeiteten, rücken jetzt Freiwillige nach
Seit Ende der Wehrpflicht sind Zivildiener Geschichte. Ihre Lücken füllen die "Bufdis" – mit einem wahren Ansturm.

Es macht Spaß", sagt Sorab Asar, 21, während er in den Räumen der Türkischen Gemeinde in Berlin-Neukölln einem türkischen Drittklässler Deutsch-Nachhilfe gibt. Der eloquente Maturant aus einem Dorf an der Grenze zu Holland kam für ein Freiwilligen-Jahr nach Berlin: "Nach dem Abitur wußte ich nicht, was tun. Jetzt weiß ich, dass ich im Herbst ein Sozialfach studieren werde, wenn es geht, in Berlin, um ,meine Kinder‘ weiter zu betreuen". Asar im Steuergeldfinanzierten Projekt für Migranten-Kinder "Bildung und Spaß" ist einer von 35.000 "Bundesfreiwilligen ( Bufdis)". Etwa gleich viel Frauen und Männer aller Altersgruppen helfen in sozialen Einrichtungen, Kultur- und Bildungs-Institutionen, im Natur- und Zivilschutz bis zum Sport.

Für diese sind die im Schnitt ein Jahr tätigen "Bufdis" die billigsten Hilfskräfte wie früher die Zivildiener, die aber nur ein halbes Jahr Dienst taten. Daher ist die Lücke nur sieben Monate nach deren Abschaffung – entgegen den Befürchtungen – aufgefüllt.

Zwar dürfen auch Bufdis keine regulären Arbeitsplätze besetzen, sondern nur ergänzende Hilfsdienste leisten, doch die Grenzen sind fließend. Vor allem im Sozialen sind sie eine wesentliche Stütze.

Viel Anerkennung

Stress wie im richtigen Berufsleben ist für die meisten Bufdis eher selten. Anerkennung gibt es trotzdem, nicht nur durch die Mitmenschen, auch handfest: 330 Euro im Monat, oft Verpflegung und Unterkunft, die Sozialabgaben übernimmt der Staat. Und am Schluss gibt es ein Zeugnis, das zumindest soziale Kompetenz und noble Gesinnung beweist.

Auch deshalb ist nach sehr schwachem Start der Andrang viel stärker als erwartet. Bei den Jüngeren überwiegt das Überbrückungsmotiv: Viele haben Zweifel, welchen Beruf sie ergreifen wollen und möchten sich vorher in bestimmten Bereich versuchen. Oder sie überbrücken die Zeit bis zum Antritt einer Lehrstelle oder eines Studienplatzes: In einigen Bundesländern warten darauf derzeit zwei Jahrgänge, weil die erstmals auf acht Gymnasialjahre verkürzten mit den alten neunjährigen gleichzeitig maturieren. Auch für Dauerarbeitslose ist ein Bufdi-Dasein besser als Hartz IV. Diejenigen, die noch etwas lernen wollen, werden wieder mehr.

"Gutes tun"

Ein Viertel der Bufdis sind Ältere nach dem aktiven Arbeitsleben. Sie wollen "sich noch nützlich machen", "unter Menschen bleiben " und oft auch "einfach der Gesellschaft was Gutes tun". Die Freiwilligkeit motiviert sie mehr als früher viele Zwangs-Zivildiener: Caritas und andere Sozialträger, aber auch die meisten anderen gemeinnützigen Einrichtungen haben "fast nur gute Erfahrungen" mit ihrer Einsatzfreude und oft auch Kompetenz. Die Abbrecher-Quote ist inzwischen gering.

Deshalb ist die Nachfrage auf beiden Seiten inzwischen explodiert: Die Träger haben mit 60.000 bereits fast doppelt so viel wie die 35.000 geplanten Stellen angemeldet – und auch die Freiwilligen dafür auf den Wartelisten. Außer in den rhetorisch so sozialen Bundesländern Berlin und Brandenburg gibt es in den meisten Regionen einen Überhang an Freiwilligen. Die müssen dann, wie einst die "Zivis", warten.

Das liegt auch an den Kosten: Das Familienministerium bräuchte mehr Geld als die 350 Mio. Euro im Jahr. Familienministerin Christina Schöder (CDU) zögert trotz des unerwarteten Erfolgs aber noch mit Forderungen: In Zeiten der Haushaltskonsolidierung ist nicht mehr alles, was nützlich ist, auch leistbar. Das spürt auch Sorab Asar: Das Bufdi-"Taschengeld" reicht nicht: "Manchmal helfen noch die Eltern."

Budfis statt Zivis: Großer Andrang Ende der Wehrpflicht Mit Juli 2011 wurde in Deutschland die Wehrpflicht ausgesetzt. Damit wurde auch der Zividienst obsolet, den pro Jahr rund 90.000 junge Deutsche leisteten. Bundesfreiwilligendienst Der sogenannte "Bufdi" ersetzt seither den Zivildienst. Anders als der Zivildienst dauert er nicht sechs, sondern zwölf Monate. Altersbeschränkungen gibt es für "Bufdis" nicht. 35.000 Plätze pro Jahr sind vorgesehen. Mittlerweile gibt es so viele Bewerber, dass nicht alle Anwärter aufgenommen werden können.

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