Buddhismus: Die Jünger des Erwachten

Ein barfüßiger Mönch in orangefarbener Robe geht auf einer Straße.
25.000 Menschen bekennen sich in Österreich zur buddhistischen Lehre. Der Besuch des Dalai Lama ist ein besonderer Anlass für sie.

Sanft erfüllt ein Gong aus der Klangschale den Raum der Theravada-Schule im ersten Wiener Bezirk. Langsam rezitiert Meditationslehrer Johannes Kronika Wort für Wort der "dreifachen Zuflucht" auf Pali, der ältesten Schriftsprache des Buddhismus. Während er spricht, schließen die Männer und Frauen im Raum ihre Augen. Alle in korrekter Position: Aufrecht im Schneidersitz, die Knie berühren den Boden. Für Anfänger eine unbequeme Herausforderung.

Kronika verstummt, es ist still. Zwanzig Minuten werden bis zum erlösenden Gong noch verstreichen. Außer den Vögeln im Hof ist nur das gleichmäßige Aus- und Einatmen der Menschen zu hören. Später wird Johannes Kronika die Grundprinzipien der Meditation erklären: "Gedanken und Körperempfindungen beobachten, ohne sie zu bewerten. Der Geist soll während der Mediation ruhen."

Die Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft (ÖBR) schätzt, dass hierzulande 25.000 Menschen den Buddhismus in verschiedenen Orden und Zentren ausüben. Als Religionsgemeinschaft wurde der Buddhismus in Österreich 1983 anerkannt. Johannes Kronika erzählt, während er die Frauen und Männer verabschiedet, dass das Interesse am Buddhismus groß ist: "Es kommen immer wieder neue Schüler, einige besuchen auch Seminare und Vorträge anderer Gruppen."

Die anderen Gruppen, das sind die zwei weiteren Strömungen des Buddhismus: Mahayana und Vajrayana. Egal, ob dem farbenfrohen tibetischen Buddhismus (Vajrayana) nahestehend oder dem japanischen Zen (Mahayana) , sie alle finden Platz im buddhistischen Zentrum am Fleischmarkt im ersten Bezirk.

Lebensweg

Kronika leitet seit zehn Jahren den Dhamma-Kreis (die Lehre Buddhas). Im Brotberuf arbeitet der 52-Jährige als Baumeister und Verleger. Zum Buddhismus kam er 1976 durch einen Freund. "Damals fanden meine ersten spirituellen Erfahrungen noch auf Basis vieler verschiedenartiger Rituale statt", sagt er, lacht dabei und löscht die Kerzen auf dem Altar. Seinen weiteren Lebensweg verschrieb er dennoch der Karriere. Erst ein körperliches Leiden brachte ihn nach 20 Jahren wieder zum Buddhismus. Dass Menschen, die als Buddhisten in Österreich leben, auch als solche begraben werden können, geht auf ihn zurück. 2005 wurde der erste buddhistische Friedhof am Wiener Zentralfriedhof eröffnet und eingeweiht. Man kann zwischen Einäscherung und Beerdigung wählen. Rituale wie in Tibet, wo Leichname an Vögel verfüttert werden (zeigt die Vergänglichkeit aller Phänomene) gibt es nicht.

Beim Thema Wiedergeburt ist Johannes Kronika vorsichtig: "Es ist nur eine Vermutung, aber wenn ich wiedergeboren wurde, dann war ich 1959 verstorben. Zu jener Zeit, in der der Dalai Lama vor den Chinesen flüchten musste."

Dem Wien-Besuch des Dalai Lama, den Buddhisten oft ‚Seine Heiligkeit" nennen, fiebert Kronika entgegen, Tickets hat er schon. 2002 traf er den Dalai Lama in Graz. "Er ist viel mehr eine historische und politische Persönlichkeit. Und in gewisser Weise ist er auch ein Star."

Porträt eines Mannes mit Brille und blonden Haaren.

„Der Hype ist nichts Schlechtes“

Im Alter von 41 Jahren fand sich der Radiologe Peter Riedl in einer „Sinnsuche der Lebensmitte“, die für ihn in der „Zufluchtnahme zum Buddhismus“ gipfelte: „Ich war damals sehr erfolgreich. Und fragte mich: Was gibt es da noch?“ Fünf Jahre später, 1989, wurde er zunächst Vorstand, später Generalsekretär und Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft (ÖBR). Er gründete die buddhistische Zeitschrift Ursache & Wirkung, deren Herausgeber er ist.

KURIER: Wie verankert ist der Buddhismus in Österreich?
Peter Riedl: Dazu muss man etwas erklären. Wir sehen Religion meist als eine Art Volksfrömmigkeit – sonntags in die Kirche gehen, Riten und Traditionen. Das haben die Offenbarungsreligionen gemein. Buddhismus ist eine Erkenntnisreligion, mehr noch ein Erkenntnisweg. In Österreich gibt es eine relativ kleine, aber wertvolle buddhistische Religionsgemeinschaft aller Gruppen mit etwa 2000 Mitgliedern. Eine größere Gruppe von bis zu 30.000 Menschen interessiert sich für Buddhismus auf allen Ebenen. Da geht es stark um die Meditation zur Konzentration und mehr Zufriedenheit.

Würden Sie diese Gruppe dem westlichen Buddhismus-Hype zurechnen?
Der Modebuddhismus ist nichts Schlechtes. Wie man den Weg beschreitet, sich wohler zu fühlen, wird niemandem vorgeschrieben. Die innere Sicht ist in jedem Fall etwas sehr Gutes.

Ist der Buddhismus die Religion der Zukunft?
Ganz sicher. Weil er dem westlichen Menschen in seiner Ich-Suche entgegenkommt. Die Psychotherapie versucht, aus einem kranken Ego ein gesundes zu machen. Der Buddhismus zeigt, dass man auch von diesem gesunden Ego ablassen soll.

INFO: Die ‚Ursache & Wirkung‘-Sondernummer „ Dalai Lama – Drei Antworten auf die Fragen der Menschheit“ ist ab kommenden Montag im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder auf www.ursache.at erhältlich.

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