Birnbacher legt Berufung ein

Zwei Männer in Anzügen sitzen nebeneinander.
Der Steuerberater hatte im Hypo-Prozess auf Kronzeugenstatus gehofft – vergeblich. Experten fordern Regeln für Whistle Blower".

Mit dem Urteil im Birnbacher-Prozess ist ein spektakulärer Korruptionsfall für die Ermittler abgeschlossen, in vielen weiteren wird noch ermittelt. Die entscheidende Wende in Klagenfurt leitete ein Geständnis von Steuerberater Birnbacher ein – und der hoffte offenbar auf eine Kronzeugenregelung.

Am Mittwoch kündigte sein Anwalt Richard Soyer an, auch Birnbacher werde gegen das Urteil (drei Jahre teilbedingte Haft) berufen: "Ich werde die Anwendung der kleinen Kronzeugenregelung beantragen", erklärte er in der ZIB 2. Die Justiz hätte Birnbachers Beitrag zur Aufklärung nicht ausreichend gewürdigt.

Neue "Waffen"

Ein Briefkasten der Korruptionsstaatsanwaltschaft an einer Wand.

Erst seit kurzem dürfen Korruptionsermittler Tätern einen Kronzeugenstatus anbieten: Wer auspackt, dem winkt Straffreiheit. Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, ortet "mehrere Interessenten".

Justiz-intern wird nun diskutiert, ob neue "Waffen", sprich Ermittlungshilfen, nicht nottäten, um der Korruption noch effizienter beizukommen. "Jedenfalls nötig ist die Umsetzung einer ,Whistle Blower"-Regelung", sagt etwa Ex-Staatsanwalt Franz Fiedler, heute Sprecher der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International. Bereits im Vorjahr hat Justizministerin Beatrix Karl angekündigt, 2012 einen Pilot-Versuch anzugehen.

Beim "Whistle Blowing" können Informanten anonym mit Korruptionsermittlern Kontakt aufnehmen, um Missstände zu melden. In Niedersachsen geschieht dies mit einer Homepage, auf der Informanten ("Whistle Blower") Beobachtungen melden.

Der Vorteil: Im Unterschied zur anonymen Anzeige können Ermittler bei diesem System nachfragen. Kritiker wenden ein, anonyme Postfächer förderten bloß eines: Denunziantentum.

In Österreich scheitert das Pilot-Projekt – noch – daran, dass sich Justiz und Innenministerium nicht einigen, wer die Meldungen sichtet und prüft – es fehlt Personal.

 

"Agent Provocateur"

Heikel, für manchen Ermittler aber durchaus zielführend, wäre zudem eine auf öffentliche Bedienstete eingeschränkte " Agent Provocateur"-Regelung.

In Justiz-Kreisen kursiert folgendes Modell: Sofern bereits ein Verdacht vorhanden ist, darf ein Ermittler einen Beamten "testen". Sprich: Er kann mit einem (finanziellen) Angebot prüfen, ob der Beamte bereit wäre, das Gesetz zu brechen.

"Steigt er darauf ein, könnte der Staat den Mitarbeiter mit der Begründung kündigen, dass Integrität im öffentlichen Dienst ein wesentliches Job-Merkmal ist", sagt ein Wiener Staatsanwalt.

Fiedler ist skeptisch: "Bei diesem Modell besteht die Gefahr, dass Menschen kriminell werden, die von sich aus nie die Energie dafür hätten." Aber grundsätzlich müsse man über alles diskutieren – "auch über die Agent-Provocateur-Regelung".

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