Birnbacher: Gutachter im Fokus der Justiz
Sechs Millionen für ein paar läppische Seiten. Ein Vehikel für Parteienfinanzierung, wie sich nun herausstellte. Die Frage "Wer hatte da noch seine Finger im Spiel?" beschäftigt die Öffentlichkeit und führt unweigerlich auch wieder zu jenen Experten, die mit ihren Gutachten das Sechs-Millionen-Honorar für den Steuerberater Dietrich Birnbacher als "angemessen" gelten ließen. (Ausführliches Interview mit Dietrich Birnbacher)
Die Staatsanwaltschaft hat gegen drei Gutachter Ermittlungen eingeleitet – es besteht der Verdacht auf Beitragstäterschaft zur Untreue, heißt es. Um welche Gutachter es sich dabei handelt, das wollte die Staatsanwaltschaft nicht kundtun. Faktum ist, es tauchen in diesem Kriminalstück mehrere Gutachter am Rande des Geschehens auf.
Manchmal sind sie auch mittendrin.
Illustre Runde
Das Telefon ist im Lautsprechermodus. Aus ihm ertönt der Satz "Da hat der Birni etwas hoch gegriffen", gesprochen von Gottfried Spitzer, seit 2001 tätig für die Wirtschaftsprüfungskanzlei Deloitte in Wien. Am anderen Ende der offenen Leitung lauscht eine illustre Runde: Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider, Kärntens ÖVP-Chef Josef Martinz, die Vorstände der Kärntner Landesholding und Martinz’ langjähriger Steuerberater Dietrich Birnbacher, genannt "Birni".
Es ist der 11. März 2008. Grund für die hochkarätige Zusammenkunft ist ein mittlerweile berühmt gewordenes Millionen-Gutachten Birnbachers, das im Zuge des Verkaufes der Hypo Alpe-Adria an die Bayrische Landesbank erstellt worden war und zuletzt ein politisches Beben verursachte. Offenbar ist im März 2008 Feuer am Kärntner Holding-Dach. Die Öffentlichkeit hat von dem fürstlichen Honorar für den Steuerberater Wind bekommen – also geht es darum, die Höhe des Honorars von einem Gutachter in Windes Eile verifizieren zu lassen.
Rascher Sanktus
Deloitte-Vertreter Gottfried Spitzer wird am 11. März angerufen. Am nächsten Tag ist der Sanktus erteilt – und erst durch dieses Gutachten war dann offenbar die offizielle Rechtfertigung für die Landesholding gegeben, Birnbacher die Millionen zu gewähren.
Bemerkenswert: Gottfried Spitzer hat in seinem Gutachten eine extra eingeforderte Expertise eines international renommierten Research-Instituts eingefordert und eingearbeitet – alles fix und fertig und erledigt innerhalb kürzester Zeit. Überdies verwunderlich: Spitzer argumentierte später, er habe lediglich eine anonymisierte Honorarvereinbarung zu prüfen gehabt – am 11. März 2008 jedoch hatte er offenbar genau gewusst, worum es ging (zur Erinnerung: "Birni hat zu hoch gegriffen").
Blitzschnelle Experten
Im erstellten Gutachten führt der Wirtschaftsprüfer aus, die Leistung Birnbachers sei mit jener einer Investmentbank vergleichbar, also sei auch das Honorar in dieser Höhe gerechtfertigt, weil branchenüblich. Zu einem ähnlichen Befund gelangten andere Gutachten zu dem umstrittenen Geldfluss, der sich mittlerweile – wie von mehreren Seiten längst vermutet – als illegale Parteienfinanzierung entpuppte.
Und stets wird aus Birnbacher kurzerhand und praktischer Weise eine Art Investmentbanker – damit sei das horrende Honorar auch vertretbar. Auch diese anderen Gutachten werden blitzschnell fertig gestellt.
Fest steht, ein deutscher Gutachter hat zuletzt die Leistung Birnbachers auf rund 240.000 Euro eingestuft, und der Steuerberater selbst gab vor Gericht nun zu Protokoll, dass das Honorar viel zu hoch bemessen war und jeder Beteiligte dies auch gewusst habe.
Prüfender Staatsanwalt
Auf KURIER-Anfrage bei Gottfried Spitzer lässt dessen Arbeitgeber Deloitte eine Kommunikationsagentur antworten. Fazit: Ein möglicher Vorwurf, es könnte sich um ein Gefälligkeitsgutachten gehandelt haben, wird aufs Schärfste zurückgewiesen. Man habe nicht die Leistung Birnbachers bewertet, vielmehr behandelte man laut Deloitte "in seiner Stellungnahme ausschließlich, welches fremdübliche Honorar einem Berater beim Verkauf einer Bank mit ähnlichen Transaktionen zustünde."
Nun wird die Korruptionsstaatsanwaltschaft Argumente wie diese auf ihre Tauglichkeit prüfen.
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