Bewerber-Ansturm bei der Polizei

Die Werbetrommel hat man offenbar erfolgreich gerührt: Der Ansturm auf den Polizeidienst war noch nie so groß wie jetzt. Es gibt weit mehr Bewerber, die auch den Aufnahmetest bestanden haben, als tatsächlich Ausbildungsplätze vorhanden sind. Der "Run" auf einen sicheren Job im Staatsdienst scheint sich, nachdem Post und Bahn hier mittlerweile ausgefallen sind, auf die Exekutive zu fokussieren.
"Wir können aus dem Vollen schöpfen und nur die Besten zum Polizisten ausbilden", sagt Karl-Heinz Grundböck vom Zentrum für Grundausbildung der Sicherheitsakademie des Innenministeriums. Statistisch gesagt: Auf einen Ausbildungsplatz kommen derzeit sieben Bewerber.
Österreichweit gibt es jährlich rund 1000 Ausbildungsplätze. Weit mehr als doppelt so viele als in früheren Jahren. Denn seit 2009 forciert das
Innenministerium den Polizeinachwuchs: Bis Ende 2013 sollen ja, trotz rund 800 Pensionierungen jährlich, letztlich "1000 Polizisten mehr auf der Straße" sein.
Test

Seit dem Start der Aufnahmeoffensive hat sich die Zahl der Bewerber mehr als verdoppelt. Allein im vergangenen Juni gab es österreichweit mehr als 3500 Interessenten. In früheren Zeiten waren es die Hälfte. Das Gerücht, dass der größte Teil der Kandidaten schon am Aufnahmetest wegen mangelnder Deutschkenntnisse scheitert, ist so nicht richtig. Grundböck: "Im Schnitt fallen hier etwa 40 Prozent der Kandidaten durch, aber aus den verschiedensten Gründen."
Aus Wien liegen detaillierte Zahlen vor. Im laufenden Jahr haben sich bis Anfang Oktober rund 1800 Interessierte gemeldet. Etwa ein Viertel davon konnte erst gar nicht zum vierteiligen Test antreten - weil diverse Grundvoraussetzungen fehlten. Etwa waren die Bewerber zu alt oder hatten Vorstrafen. Andere erfüllten die Mindest-Körpergröße nicht, beziehungsweise wiesen körperliche oder gesundheitliche Mängel auf.
Von den zum Test Angetretenen schafften gut 40 Prozent den ersten Teil nicht (der nicht nur ein Deutschdiktat umfasst). Vom verbliebenen Rest schieden wieder gut 20 Prozent nach dem Aufnahmegespräch aus. Dann jeweils zehn Prozent nach dem genauen ärztlichen Check und dem Sporttest. In Summe blieben am Ende rund 500 geeignete Bewerber übrig, die nach der beim Test erreichten Punktezahl gereiht wurden. In Wien werden aber nur 450 Aspiranten jährlich in die "Polizeischule" aufgenommen. In Niederösterreich gab es etwa im Juni 650 Bewerber, gut 350 schafften die Aufnahme - aber nur 75 wurden vorerst aufgenommen.
"Über einen Mangel an geeignetem Nachwuchs können wir uns nicht beklagen, das Niveau ist hoch", meint Manfred Ihle, Aufnahmeleiter bei der Wiener
Polizei. Fast die Hälfte der Schüler hier haben etwa Matura, einige sogar ein abgeschlossenes Studium.
Der Frauenanteil bei den Bewerbern liegt (österreichweit) bei etwa 40 Prozent. Und auch der Anteil der besonders erwünschten "Österreicher mit Migrationshintergrund" liegt bei gut zehn Prozent. In Wien, wo man diese Gruppe seit Jahren gezielt anspricht, haben derzeit sieben Prozent der Polizeischüler einen solchen Background (rund 100 aktive Polizisten sind "mehrsprachig").
Abgeschafft

Eine grundsätzliche Hürde für den
Polizeidienst wird übrigens bald fallen: Die Mindestkörpergröße für Männer (1,68 Meter) und Frauen (1,63). Die Verhandlungen über die Dienstrechtsnovelle 2011 sind noch im Gange, aber - so ist aus dem Frauenministerium zu hören - sei die Abschaffung praktisch fix. Auch das Alterslimit von 30 Jahren wird fallen. Der Bewerberansturm wird so noch größer werden.
Aufnahme: Diktat, Gespräch, Arztcheck, Sport
In dem vierteiligen Aufnahmeverfahren wird die körperliche und geistige Eignung der Bewerber überprüft. Der Test ist österreichweit standardisiert. Antreten kann nur, wer die sonstigen Grundvoraussetzungen (Alter, Staatsbürgerschaft, Unbescholtenheit etc.) erfüllt. Das (positive) Ergebnis bleibt ein Jahr lang gültig - das heißt, der Bewerber könnte, wenn es nicht gleich klappt, auch noch später einen Ausbildungsplatz erhalten.
Der schriftliche Test, der erste Teil, dauert rund vier Stunden. Zuerst werden bei einem Diktat die Deutschkenntnisse überprüft: Die Kandidaten erhalten ein Blatt mit mehr als 50 Sätzen, die jeweils Wortlücken aufweisen. Der Text wird dann (per Tonband) komplett vorgelesen, die fehlenden Wörter müssen korrekt eingesetzt werden. Danach folgen ein Mathematiktest, Fragen zum (sprachgebundenen) Denken, ein Persönlichkeitsfragebogen.
Nach dieser ersten Hürde folgen persönliche Aufnahmegespräche, danach kommt eine umfassende ärztliche Untersuchung. Hier wird etwa auch der Body-Mass-Index eruiert. Der muss im Bereich zwischen 18 bis 28 liegen.
Am Ende folgt der Sportteil: Ein Bewegungskoordinationstest (Hindernisparcours), Liegestütze (Männer mindestens 15), ein 3000-Meter-Lauf und 100-Meter-Schwimmen.
Alle Infos zum Aufnahmeverfahren im Internet unter
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