Will Warschau NATO-Atomwaffen?
Das laute Nachdenken des stellvertretenden Verteidigungsministers über die Bestückung des Landes mit Nuklearwaffen im Rahmen der NATO beunruhigt die Opposition wie das Ausland. Die Regierung "erwägt konkrete Schritte" das NATO-Programm "Nukleare Teilhabe" zu beantragen, so Tomasz Szatkowski in der Vorwoche im polnischen Fernsehen. Polen würde so Nuklearwaffen von der USA "geliehen" bekommen, um die angrenzende Nuklearmacht Russland abzuschrecken. Das letzte Wort über die Beteiligung an diesem Programm, an dem auch Deutschland teilnimmt, hat jedoch Washington.
Dementi
Wie ernst dieses Ansinnen ist, bleibt aber unklar. Das Verteidigungsministerium erklärte zwar in einer Presseerklärung, dass es derartige Überlegungen nicht gebe. Doch gleichzeitig gibt es auch Stimmen aus der seit Mitte November regierenden "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), die eine Debatte über eine nukleare Aufrüstung Polens anregen. Verwirrend erscheint zudem, dass sich Verteidigungsminister Antoni Macierewicz bisher eines Kommentars enthält.
Nicht jedoch sein Vorgänger: "Über Sicherheitsfragen spricht man nicht über die Medien, das führt zu konkreten Schäden", so Tomasz Siemoniak von der ehemaligen Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO). Sollte Polen weiterhin Glaubwürdigkeit verlieren, würden Verbündete dem Land nicht mal eine " PlayStation" leihen.
Die neue Regierung, die von Parteichef Jaroslaw Kaczynski dominiert wird, will umfangreich aufrüsten und erhofft sich von einem neuen Präsidenten der USA grünes Licht für NATO-Basen an der Weichsel, was die Obama-Administration bisher ablehnt. Polen wie das Baltikum fühlen sich durch russische Iskander-Rakten in der Enklave Kaliningrad bedroht.
Russischen Medien ist die polnische Diskussion nicht entgangen, sie überspitzen entsprechend. Russia Today kolportiert, dass die Nuklearpläne Polens konkret seien.
Alexander Grushko, Vertreter Russlands bei der NATO, verwies am Montag auf das Abkommen zwischen NATO und Russland aus dem Jahr 1997, das die Stationierung von Nuklearwaffen in Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts verbietet.
Die Kreml-nahe Rossijskaja Gaseta beschwerte sich zudem, dass Polen derzeit das "Feindbild Russland" kreiere. Zurzeit wird Polen von Russland aufgrund der Demontage sowjetischer Denkmäler scharf kritisiert.
Allgemein gilt das Verteidigungsressort in Polen derzeit als problematisch. Das liegt vor allem an Minister Macierewicz, der zur Konspirationstheorien neigt und als dessen wichtigste Mission die Aufklärung des Flugzeugabsturz von Smolensk gilt, bei dem Präsident Lech Kaczynski und seine 95-köpfige Entourage starben. Viele Anhänger der PiS gehen von einem Anschlag aus. Allen voran Macierewicz.
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