Deutschland machte mit Griechenland-Hilfe Milliardengewinn

Deutschland machte mit Griechenland-Hilfe Milliardengewinn
Die Griechenland-Rettung geht nach acht Jahren zu Ende. Donnerstagabend wurde das letzte Paket verabschiedet.

"Verkauft doch eure Inseln, ihr Pleite-Griechen!" 

Die höhnische Schlagzeile der deutschen Bild-Zeitung ist inzwischen sieben Jahre alt - und zeigt doch noch immer, zu welchen Verwerfungen die Griechenland-Hilfe in Europa, und insbesondere in Deutschland, führte. Hier die fleißigen Deutschen, dort die faulen Griechen, lautete die Erzählung, die letztlich sogar zur Gründung einer neuen Partei beitrug: der AfD.

Am Donnerstagabend wurde nun eine letzte Tranche über 15 Milliarden für die Griechenlandhilfe beschlossen. "Die griechische Krise ist heute Abend vorbei", verkündete EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici. Insgesamt 289 Milliarden Euro sind damit seit Beginn der griechischen Staatsschuldenkrise locker gemacht worden. Enorme Summen – von denen jedoch auch die Sparmeister aus Deutschland massiv profitiert haben.

Seit dem Jahr 2010 hat das tonangebende Europgruppen-Land rund 2,9 Milliarden Euro an Zinsen erhalten. Frühere Vereinbarungen hatten noch vorgesehen, dass Griechenland bei Erfüllung aller Spar- und Reformauflagen die Zinsgewinne zurückerstattet werden. "Entgegen allen rechten Mythen hat Deutschland massiv von der Krise in Griechenland profitiert", konstatierte deshalb der grüne Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler, der die Zahl durch eine Anfrage an die deutsche Bundesregierung zu Tage beförderte.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) kündigte bereits an, hier nachziehen und Zinsgewinne den Griechen wieder gutschreiben zu wollen. Bis 2022 soll etwa eine Milliarde Euro pro Jahr an Athen ausgezahlt werden. Wobei auch diese Auszahlung wieder an Bedingungen geknüpft ist. So muss sich Griechenland verpflichten, bis 2022 jährlich einen Primär-Haushaltsüberschuss von mindestens 3,5 Prozent zu erwirtschaften. 

Deutschland machte mit Griechenland-Hilfe Milliardengewinn

Schwierige Erholung

Die Situation in Griechenland selbst ist derweil noch immer schwierig. Die staatliche Verschuldung liegt bei etwa 180 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nach wie vor ist fast jeder fünfte Grieche arbeitslos, der Sozialstaat Geschichte, die Selbstmordrate im Vergleich zu den Jahren vor der Krise deutlich gestiegen. Immerhin: Inzwischen verzeichnet Griechenland wieder verhaltenes Wirtschaftswachstum und Haushaltsüberschüsse (siehe Grafik oben).

Die von der Eurogruppe in der Nacht auf Freitag beschlossenen Maßnahmen beinhalten neben den 15 Mrd. Euro auch eine Verlängerung der gewährten Kredite sowie eine größere Atempause von zehn Jahren bis zu ihrer Rückzahlung. Konkret soll die tilgungsfreie Zeit nun nicht 2023 enden, sondern erst 2033. Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos betonte zwar, die griechische Regierung sei zufrieden mit der Vereinbarung. "Aber die Regierung vergisst nicht und wird niemals vergessen, was das griechische Volk in diesen acht Jahren durchmachen musste."

Griechenland war seit 2010 auf Unterstützung der europäischen Partner und des IWF angewiesen. Als Gegenleistung für vergünstigte Kredite in Höhe von knapp 274 Milliarden Euro musste das Land Sparprogramme und Strukturreformen auflegen. Nach Angaben der EU-Kommission wurden allein in den vergangenen drei Jahren 450 Einzelmaßnahmen durchgesetzt.
Insgesamt wurde Griechenland mit drei Rettungsprogrammen geholfen, die Schuldenkrise zu überwinden. Das erste hatte ein Volumen von 73,0 Mrd. Euro, wobei 21,1 Mrd. vom IWF beigesteuert wurden. Das zweite kam auf 153,6 Mrd. Euro - davon 11,7 vom Internationalen Währungsfonds. Vom dritten Programm, für das 86,0 Mrd. Euro vorgesehen waren, wurden nun inklusive der letzten Tranche von 15 Mrd. eine Auszahlungssumme an Athen von 61,9 Mrd. Euro erreicht. Zusammen also 288,5 Mrd. Euro.

Damit Griechenland künftig auch ohne die schützende Hand der Euro-Länder über die Runden kommt, wurde ein Bündel von finanziellen Erleichterungen versprochen. Hier die Kernpunkte im Einzelnen:

  • LIQUIDITÄTS-PUFFER

Helfen soll Griechenland unter anderem eine Art Geldreserve, die aus dem aktuellen 86 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramm stammt. Vorgesehen sind dafür 15 Milliarden Euro. Mit dem Geld soll Athen für 22 Monate nicht darauf angewiesen sein, den Kapitalmarkt für frische Mittel anzuzapfen.

  • LÄNGERE LAUFZEITEN FÜR DARLEHEN

Die Eurogruppe verlängert zudem die Laufzeiten für die im zweiten Hilfsprogramm gewährten Kredite von 97 Milliarden Euro um zehn Jahre. Eine gleich lange Atempause gibt es für die Rückzahlungen.

  • ZENTRALBANK-GEWINNE

Weitere Pfeiler ist die Auszahlung von etwa einer Milliarde Euro pro Jahr bis 2022 an Athen. Die Summe stammt unter anderem aus den Gewinnen, die die Zentralbanken der Euro-Länder mit dem Ankauf von griechischen Staatsanleihen machen. Die Freigabe ist aber an Bedingungen geknüpft wie die Erfüllung weiterer Reformen. Zudem muss sich Land verpflichten, bis 2022 jährlich einen Primär-Haushaltsüberschuss von mindestens 3,5 Prozent zu erwirtschaften. Die Einhaltung der Auflagen wird von der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank, dem Internationalen Währungsfonds und dem Euro-Rettungsfonds ESM überwacht.
 

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