Thatchers zehnter Todestag: Alle hatten Respekt vor ihr

Sie polarisierte. Sie war skrupellos. Aber zehn Jahre nach ihrem Tod sind sich Befürworter wie Kritiker dennoch einig: Margaret Thatcher war außergewöhnlich, und alle hatten Respekt vor ihr. Sie nahm es mit dem Establishment auf, mit ausländischen Armeen, mit den Gewerkschaften. Sie war Pionierin der Privatisierung, Vorkämpferin der freien Marktwirtschaft und die erste Frau an der Spitze der englischen Regierung.
„Umfragen zeigen, dass sie insgesamt immer noch eine der meistbewunderten Premierminister ist“, sagt Tim Bale, Politikprofessor von der Londoner Queen Mary University. „Sie hat immer noch eine große Fangemeinde unter den Tory-Anhängern.“
Das bestätigt Soziologie-Professor Stephen Farrall von der Sheffield University. Er wiederholte 2019 eine Studie von 1990 und untersuchte den Nachhall von Thatchers Regierungszeit. 1990 fanden 52 Prozent ihre Aktionen gut. Und auch 2019 waren noch mehr als die Hälfte der Älteren von ihr überzeugt. Bei den Jüngeren zeichnete sich ein anderes Bild ab: In der Gruppe 45 bis 64 Jahre sprach sich nur ein Drittel für sie aus; bei den Jüngsten gar nur 20 Prozent.
Brachte langfristig auch Nachteile
Der Grund: Ihr Pflichtbewusstsein, ihre revolutionären Ideen brachten unmittelbar Wohlstand. Doch mit der Zeit wurden die langfristigen Nachteile immer deutlicher. Heute bringen die Privatisierung von Energie, Wasser oder der Bahn zwar Dividenden für die Aktionäre, aber lediglich „erbärmliches Serviceniveau und hohe Preise“, sagt Bale. Die Idee, Sozialwohnungen zu verkaufen, wäre an sich nicht so schlecht gewesen, wenn die lokalen Behörden die Erlöse für den Bau von Sozialwohnungen hätten verwenden dürfen.
„Das war aber nicht der Fall“, ergänzt der Politikprofessor. „Stattdessen hat sie dazu beigetragen, einen Mangel zu schaffen, der dazu führte, dass viele Menschen nie in der Lage sein werden, eine eigene Immobilie zu besitzen.“
Am Ende stolperte sie über Europa. Während sie in ihrer berühmten Rede 1979 mit den Worten „I want my money back!“ erfolgreich eine Reduktion der britischen Beiträge eingefordert hatte, wurde ihr die Euroskepsis zum Verhängnis. Als sie sich in den 1980ern weigerte, das Pfund an europäische Währungen zu binden, starteten Parteikollegen den Coup, der in ihrem Rücktritt enden sollte. Und das ist, meint Tim Bale, vielleicht eine Lektion, die konservative Politiker von ihr lernen könnten: „Man führt keine revolutionären Veränderungen auf einmal herbei.“
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