„Wahlkampf-Blackout“ durch Papst-Rücktritt
Italien wählt am Sonntag einen neuen Premier. Medial ist der Wahlkampf durch die Nachricht des Papst- Rücktritts stark ins Hintertreffen geraten. Politkommentator Luigi Crespi brachte es auf den Punkt: „Die Wahlkampagne endete am 11. Februar um 11:46 Uhr“ – der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung von Benedikt XVI..
Besonders unter dem „Wahlkampf-Blackout“ leidet Medienprofi Silvio Berlusconi. Der Ex-Premier ließ sofort eine Umfrage in Auftrag geben, wie die Wahlentscheidung unter katholischen Wählern ausfällt. Denn Berlusconi benötigt dringend ein weiträumiges Medienecho, um Stimmen aufzuholen, erklärt Politologe Giovanni Orsina von der Universität Luiss: „Laut letzten Umfragen würde er die Wahl derzeit verlieren. Dass sich die Medien in den letzten Tagen wenig um ihn kümmerten, kann ihm sicher schaden.“ Mit einer Empfehlung für einen möglichen Nachfolger von Benedikt versuchte der Medienzar wieder Aufmerksamkeit zu gewinnen. „Ich glaube, dass die Kirche für einen dunkelhäutigen Papst reif ist. Die Welt ist heute wirklich global“, so Berlusconi. Außerdem bemüht sich der Cavaliere, die abgekühlten Beziehungen nach Oltretevere, wie das Machtzentrum des Vatikans in Rom genannt wird, wieder anzukurbeln. Dazu schickt er seinen, in katholischen Kreisen sehr geschätzten Vertrauensmann Gianni Letta vor.
Entscheidende Rolle
Im italienischen Wahlkampf spielt der Vatikan mit seinen Meinungen traditionsgemäß vor allem für die Zentrums- und Rechtsparteien immer eine entscheidende Rolle. Kardinäle lassen sich auch diesmal, wie auch schon in früheren Wahlkämpfen, zu klaren Empfehlungen hinreißen. Es ist bekannt, dass bisher noch keine italienische Regierung so enge Beziehungen zum Vatikan pflegte wie die Technokraten-Regierung des scheidenden Premiers Mario Monti. Der Mailänder Wirtschaftsprofessor, der vom Papst-Rücktritt „tief erschüttert“ war, verabschiedete sich am Samstag persönlich vom Pontifex.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, unterstützt Monti. Der persönliche Papstsekretär Georg Gänswein gilt ebenfalls als Monti-Befürworter. Die umstrittene rechte Hand des Papstes, Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, war immer ein Fan von Berlusconi und hoffte auf dessen Rückkehr. Der Großteil der geheimen Dokumente im Vatileaks-Skandal drehte sich um Bertones Machtstreben. Auch wenn die Kontakte zu Berlusconi loser wurden, hegen Bertone und seine Verbündeten weiterhin Sympathien für den Cavaliere. „Witze, Fußball und ihre gemeinsame Erziehung bei den Salesianern“, seien Bestandteil ihrer Gespräche, wie ein Vatikan-Kenner erzählt.
Angriffsfläche Alter
Der 76-jährige Berlusconi fürchtet – nach dem altersbedingten Rücktritt von Ratzinger – dass sein Alter nun politischen Gegnern Angriffsfläche bieten könnte. Selbst in den eigenen Reihen kommt die Altersfrage zur Sprache. „Nach 30 Jahren im Parlament könnten auch viele Politiker andere Wege gehen“, sagte Ex-Kulturminister Giancarlo Galan etwa.
Der Chef des Mitte-links-Bündnisses, Pierluigi Bersani, lässt sich vom päpstlichen Rücktritt, den er als „historische Geste“ bezeichnete, nicht beeinflussen. Am Wochenende setzte er seine Norditalien-Tour fort.
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