Island wendet sich ab von der EU

Die isländische Flagge weht vor einer verschneiten Landschaft mit Bergen und einer Kirche.
Der Unmut über die Lasten der Bankenkrise verhalf Mitterechts zum Sieg.

Die Konservativen Islands haben bei den Wahlen am Samstag die Regierungsmacht zurückerobert. Nach Auszählung aller Stimmen errang das bürgerliche Lager - die konservative Unabhängigkeitspartei und die zentristische Fortschrittspartei - zusammen die absolute Mehrheit. Die rot-grüne Koalition halbiert sich beinahe. Somit kommen nun jene zurück an die Macht, die Island mit ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik an die Grenze zum Bankrott getrieben hatten. Voraussichtlich neuer Ministerpräsident wird der konservative Parteichef Bjarni Benediktsson (43). Er will vor allem eins: den von der bisherigen Regierung betriebenen Beitritt Islands zur EU stoppen.

Die rot-grüne Koalition unter Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir war 2009 kurz nach dem Bankenkollaps auf der Atlantikinsel angetreten. Als ausschlaggebend für das jetzige Mittelinks-Desaster gilt in Reykjavik die Unzufriedenheit vieler Bürger mit der Verteilung der Lasten aus dem Bankenkollaps. Für diesen hatten die Wähler zuvor noch die Konservativen politisch verantwortlich gemacht und 2009 nach 18 Regierungsjahren in die Opposition geschickt. Das Paradoxe: Das Krisenmanagement von Sigardurdottirs Regierung wird international als weitgehend erfolgreich anerkannt. Die Arbeitslosigkeit war unter 5 Prozent gesunken, der Staatshaushalt fast wieder ausgeglichen und die Wirtschaft ist in Schwung gekommen. Doch die Privathaushalte haben mit drastisch gestiegenen Kreditschulden zu kämpfen. Dafür wird nun die rot-grüne Koalition verantwortlich gemacht. Sigardurdottir wollte mit 70 Jahren nicht nochmals antreten, sie verabschiedet sich in die Pension.

Die bei der Wahl nun vorne liegende Unabhängigkeitspartei hat seit der Loslösung von Dänemark 1944 die meiste Zeit Islands Regierungschef gestellt. Die konservative Bewegung gilt als Schutzpatronin der Fischerei-Industrie und Gegnerin eines EU-Beitritts. Gemeinsam mit der Fortschrittspartei liberalisierte sie in den 1990er Jahren die isländische Wirtschaft und deregulierte den Finanzsektor. Nun verspricht sie niedrigere Steuern für Unternehmen und Privatpersonen. Ihr Vorsitzender Benediktsson, ein Rechtsanwalt aus einer einflussreichen isländischen Familie, ist parteiintern umstritten und konnte nur durch eine Rücktrittsdrohung kurz vor der Wahl sein Antreten als Spitzenkandidat sichern.

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