Varoufakis und sein Plan für den Euro-Austritt

Nachdem er vor etwa drei Wochen als Finanzminister zurückgetreten ist – laut Beobachtern geschah das auf ausdrücklichen Wunsch des griechischen Premiers Alexis Tsipras –, ist Yanis Varoufakis in der Öffentlichkeit noch aktiver geworden. Fast täglich veröffentlicht er Beiträge in seinem Blog und gibt noch mehr Interviews. Sein jüngstes Lieblingsthema: Ein geheimer Plan B der Regierung in Athen, eine alternative Währung zu schaffen.
Zuletzt soll Varoufakis internationalen Hedgefonds-Managern am Telefon darüber erzählt haben, berichtet die griechische Tageszeitung Kathimerini. Noch Ende vergangenen Jahres, also vor der vorgezogenen Wahl im Jänner, soll ihn Tsipras damit beauftragt haben. „Der Premier, noch bevor er Premier wurde und bevor wir die Wahl im Jänner gewannen, hatte mir grünes Licht gegeben, einen Plan B zu entwickeln. Und ich habe eine sehr gute Mannschaft zusammengestellt, eine sehr kleine Mannschaft, da alles geheim gehalten werden musste“, so wird Varoufakis aus der Mitschrift der Telefonkonferenz zitiert.
Der Ex-Finanzminister soll einen guten Freund aus der Kindheit, einen IT-Experten, der an der US-Eliteuniversität Columbia unterrichtet, beauftragt haben, das Computersystem des Finanzministeriums zu hacken, um den Plan vorzubereiten – Varoufakis selbst hatte zu diesen Daten, die von der Troika verwaltet wurden, keinen Zugang. Er werde all das dementieren, sollten Informationen über den Alternativplan an die Öffentlichkeit gelangen, warnte Varoufakis seine Gesprächspartner am Telefon und machte das auch prompt nach der Veröffentlichung in Kathimerini.
Griechische Politologen glauben aber, dass der Plan B existiert hat. „Tsipras hat das Mandat zur Vorbereitung eines alternativen Plans gegeben, ohne ein klares Verständnis, dass ein solcher Plan mit einem Euro-Austritt des Landes verbunden wäre“, sagt der Politologe George Pagoulatos dem KURIER.
Laut Kostas Elevtheriou, einem Experten für die griechische radikale Linke, war das aber eine selbstständige Aktion von Varoufakis. „Tsipras ist vom Anfang an gegen diesen Plan gewesen“, meint er. Es sei logisch, vor Beginn der Verhandlungen mit der EU und dem IWF sich für alle Fälle vorzubereiten, nur wollte der griechische Premier nie Griechenland aus dem Euro bringen.
"Keine Polit-Basis“
Der Ex-Finanzminister hat immer die Meinung vertreten, dass man dem Druck der Gläubiger nicht nachgeben sollte und war unter den prominentesten Syriza-Rebellen, die gegen das dritte Abkommen im Parlament gestimmt haben. Elevtheriou glaubt aber nicht, dass es der Ex-Minister auf eine selbstständige politische linke Karriere abgesehen habe: „Varoufakis ist ein neues Syriza-Mitglied, viele respektieren ihn, er hat aber keine große politische Basis hinter sich.“
Tsipras sei im Moment der einzige griechische Politiker, der die nötige öffentliche Unterstützung hat, um die von den Gläubigern verlangten Reformen durchzuführen, meint der Politologe. Nach wie vor führt der Syriza-Premier in allen Meinungsumfragen. „Aus Notwendigkeit ist er von einem Gegner der Sparpolitik zu ihrem Verteidiger geworden und will versuchen, die Reformen durchzuführen, um sich und Syriza an der Macht zu erhalten“, sagt Elevtheriou. Tsipras sei es sehr wichtig, dass die Linke weiter regiere, damit sie auch soziale Reformen umsetzen kann.
An Neuwahlen im Herbst führe trotzdem kein Weg vorbei, meint Pagoulatos. Die Haupt-Oppositionsparteien (die konservative Nea Dimokratia, die liberale Bürgerbewegung To Potami und die sozialistische PASOK) haben betont, dass sie dagegen sind. Athen befinde sich aber in einer ungewöhnlichen Situation, so der Politologe: „Der Tsipras-Kabinett regiert als Minderheitsregierung, die von der Opposition unterstützt wird.“
Die Troika ist zurück: Teams der Geldgeber-Institutionen (EU-Kommission, Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds) sind seit Montag in Athen; am Mittwoch folgen die Delegationschefs. Die Verhandlungen würden „unmittelbar beginnen“, sagte eine Sprecherin der Kommission. Laut KURIER-Informationen gibt es Treffen auf „technischer Ebene“ in der griechischen Staatshaushaltsbehörde, die ein Teil des Finanzministeriums ist. Ansonsten trifft man sich in einem Vier-Sterne-Hotel. Aus Kommissionskreisen hieß es am Montag, die Troika-Delegierten würden selbstverständlich Zutritt zu den griechischen Ministerien und deren Daten erhalten. Schon dass dies erwähnenswert ist, zeigt, in welch aufgeladener Atmosphäre die Verhandlungen ablaufen.
Der Zeitdruck ist groß: Binnen zwei Wochen will man die Details für das neue Hilfsprogramm, das den Griechen bis zu 86 Milliarden Euro über drei Jahre bringen soll, unter Dach und Fach haben. Nächster „Tag X“ ist der 20. August: Da ist die nächste Rate an die EZB fällig. Um diese bezahlen zu können, braucht Athen frisches Geld. Was aber erforderlich ist, um dieses zu erhalten, darüber gibt es schon den ersten Streit: Aus Brüsseler Sicht müssen dafür zuerst weitere Reformen beschlossen werden – so wie vor jeder weiteren Tranche der Hilfsgelder. In Athen hingegen meint man, dass jene Reformbeschlüsse, die als Voraussetzung für die Eröffnung der Verhandlungen notwendig waren – u. a. Pensionskürzungen und Steuererhöhungen – auch für die Auszahlung der ersten Tranche aus dem neuen Paket reichen müssten.
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