US-Höchstgericht: Wie Trump die USA auf Jahrzehnte prägen will

Mit Donald Trumps Nominierung für den Supreme Court könnte sogar das Recht auf Abtreibung kippen.

Die Ära Trump könnte nicht vier oder acht, sondern weit über zwanzig Jahre dauern. Unter den US-Demokraten herrscht deshalb helle Panik. Der Grund dafür liegt in einer der Aufgaben des Präsidenten: Er bestellt Richter für den Supreme Court, den höchsten Gerichtshof des Landes. Diese Bestellung muss zwar vom Senat bestätigt werden, aber der hat aktuell eine republikanische Mehrheit.

Neun auf Lebenszeit bestellte Richter sitzen im Supreme Court und Ende Juli gab einer von ihnen, Anthony Kennedy, seinen Rücktritt bekannt. Kennedy war das Zünglein an der Waage für das Gericht, das ansonsten aktuell mit vier liberalen und vier konservativen Richtern bestückt ist. Im Jahr 2000 machte er mit seiner Stimme George Bush zum Präsidenten und unterstützte jene schwer umstrittene Entscheidung, wonach die Finanzierung von Wahlkämpfen durch Unternehmen vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist. Aber er unterstützte auch die Entscheidung, die Ehe für Homosexuelle in den gesamten USA zu legalisieren. Höchstrichter Kennedy war einer der mächtigsten Männer der Vereinigten Staaten.

Für Trump ist Kennedys Rückzug ein Triumph. Es ist seine Chance, das Land nachhaltig zu prägen. Selbst wenn er nicht wiedergewählt werden sollte. Selbst wenn er wegen der Russlandaffäre des Amtes enthoben werden sollte. Montagabend (in der Nacht auf Dienstag mitteleuropäischer Zeit) will er seine Nominierung bekanntgeben – drei Kandidaten sollen in der engeren Auswahl stehen. Sie einen zwei Dinge: Sie sind streng konservativ und für Höchstrichter sehr jung; höchstens 53 - und erfüllen damit das vielleicht wichtigste Kriterium: Sie sollen möglichst lange Höchstrichter sein.

Es ist bereits der zweite Höchstrichter, den Trump in seiner nicht einmal noch zweijährigen Amtszeit bestellen darf, wenn auch nur durch einen schmutzigen Trick der Republikaner: Als der konservative Höchstrichter Anthony Scalia 2016 auf einer texanischen Ranch starb, verweigerte der republikanisch dominierte Senat dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama das Recht, einen Nachfolger für den Supreme Court zu nominieren – in der letztlich berechtigten Hoffnung, dass ihr Kandidat Donald Trump die Wahlen gewinnen würde. Die Begründung damals: In einem Wahljahr sollte der Präsident keinen Richter mehr ernennen, sondern warten, bis die Wähler entschieden haben.

Höchstgericht immer bedeutender

Während also Obama keinen konservativen Richter durch einen liberalen ersetzen konnte, wird Trump nun den Supreme Court nach rechts rücken und die „Swing Vote“ Kennedy durch einen stramm konservativen Richter ersetzen. Für die USA könnte das weitreichende Konsequenzen haben, der Supreme Court wird im gespaltenen Amerika immer bedeutender und trifft oft weitreichendere Entscheidungen als der Präsident selbst – eben zum Beispiel die "Ehe für alle".

Nun zittert das liberale Amerika sogar um das Recht für Abtreibung. Die Entscheidung des Falles Roe v. Wade aus dem Jahr 1973, die den Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten legalisierte, könnte noch einmal aufgerollt und aufgehoben werden. „Abtreibung wird in weiten Teilen der USA bald illegal sein“, warnte ein Rechtsexperte auf CNN: "Roe v Wade ist tot."

Kann Senat Trumps Entscheidung blockieren?

Die vage Hoffnung der demokratischen Partei: Dass auch heuer ein Wahljahr ist und damit das Repräsentantenhaus und Teile des Senats im November neu gewählt werden. Natürlich ist bei den Republikanern nun keine Rede mehr davon, die Nominierung bis nach den Wahlen aufzuschieben. Aber die konservative Partei hat nur eine Mehrheit von 50 zu 49 im Senat, weil der an Krebs erkrankte John McCain bei einer Abstimmung nicht anwesend sein wird. Die Demokraten müssten also einen republikanischen Senator auf ihre Seite ziehen – und sicherstellen, dass alle Demokraten gegen Trumps Kandidaten stimmen.

Ihre größte Chance sind die beiden Senatorinnen Susan Collins und Lisa Murkowski; Republikanerinnen, die für das Recht auf Abtreibung sind. Collins hat bereits angedeutet, dass sie gegen einen Kandidaten stimmen würde, der Abtreibung ablehnt. Das Problem der Demokraten ist: Drei ihrer eigenen Senatoren haben Trumps ersten Höchstrichter Neil Gorsuch mitgewählt - sie stammen aus konservativen Staaten und wollen dort auch wiedergewählt werden. Dazu kommt: Um die Postenvergabe langfristig zu blockieren, müssten die Demokraten bei den Wahlen im November die Mehrheit im Senat erobern – und auch das ist alles andere als sicher.

Es könnte sein, dass das nicht einmal noch der letzte Sitz im Supreme Court ist, über den Trump entscheidet. Und es sind zwei liberale, von Bill Clinton ernannte Richter, die am ältesten sind: Die in Anlehnung an den erschossenen Rapper „The Notorious RBG“ genannte Ruth Bader-Ginsberg ist 85 Jahre alt, Stephen Breyer wird im August 80 Jahre alt.

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