Ungarn: Tränengas-Einsatz bei Aufnahmezentrum

Die ungarische Polizei hat in einem Erstaufnahmelager für Flüchtlinge am Mittwoch Tränengas gegen die Asylbewerber eingesetzt. Ein Polizeisprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP zu dem Vorfall im südungarischen Röszke, rund 200 Flüchtlinge hätten versucht, sich dem Registrierungsverfahren zu entziehen. Demnach weigerten sie sich, ihre Fingerabdrücke abzugeben.
Die Polizei versuche, "die Lage zu beruhigen", sagte Polizeisprecher Szabolcs Szenti und berichtete von "schreienden" Flüchtlingen. Der Nachrichtensender Hir TV hatte zuvor berichtet, dass sich die Situation zwar beruhigt habe, aber nach wie vor angespannt sei. Das Zentrum in Röszke bei Szeged ist das derzeit wichtigste Erstaufnahmelager des Landes für die über Serbien ankommenden Flüchtlinge.
Die Darstellung der Ereignisse vonseiten der Polizei stimmte nicht zur Gänze mit den Medienberichten überein: Hir TV hatte berichtet, dass die Zufluchtsuchenden vermutlich mit Journalisten sprechen wollten. Die Polizei hatte die Flüchtlinge demnach jedoch nicht zu den Reportern vorgelassen, weshalb es zu einem Gerangel kam.
Beschwerden
Hir TV und die Deutsche Presse-Agentur (dpa) nannten Beschwerden über die Enge in dem Lager in Röszke vonseiten der Flüchtlinge als Grund für die Unruhen. Auslöser der Klagen war demnach, dass Kinder sich bei Regen im Freien aufhalten müssten. Die Lage habe sich schnell wieder beruhigt, als ein Sprecher der Flüchtlinge auf Arabisch mit den Migranten sprach, hieß es laut dpa.
Die Zahl der täglich nach Ungarn kommenden Asylsuchenden hatte zuletzt immer neue Rekordwerte erreicht. Allein am Dienstag kamen mehr als 2.500 Menschen über die südliche Grenze ins Land, wie die ungarische Polizei mitteilte. Das war die bisher höchste Zahl an einem Tag.
Finanzierung
Die EU-Kommission will unterdessen die Flüchtlingskrise in Ungarn durch die Einrichtung eines großen Aufnahmelagers entschärfen. "Wir sind bereit, in Ungarn einen 'hot spot' zu schaffen, weil das Land Unterstützung braucht", sagte eine Kommissionssprecherin am Dienstag in Brüssel. Alleine am Montag waren mehr als 2000 Flüchtlinge über die serbische Grenze nach Ungarn gelangt.
Ihre erste Station in der EU war zwar Griechenland. Doch dorthin darf Ungarn die Einwanderer nicht zurückschicken: Der Europäische Gerichtshof untersagte dies 2011, weil den Flüchtlingen in Griechenland eine "unmenschliche und entwürdigende" Behandlung drohe. Durch das Auffanglager soll auch verhindert werden, dass Ungarn die Einwanderer weiter Richtung Westen, nach Österreich oder Deutschland ziehen lässt.
Der Aufbau von sogenannten hot spots ist eine Kernforderung von Berlin und Paris, um die Flüchtlingsbewegungen zu stoppen. Die Auffanglager sollen von der EU finanziert werden und der Registrierung dienen. Nur die Flüchtlinge mit Aussicht auf Asylschutz sollen weiterreisen dürfen, die anderen sollen zurückgeschickt werden, wie Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve bei der Vorstellung der Initiative erklärte.
Noch gibt es keinen Antrag aus Ungarn" auf die Errichtung eines solchen Zentrums, sagte die Kommissionssprecherin am Dienstag. Es könnten aber rasch Experten entsandt werden, um die Einrichtung vorzubereiten. Bisher wurde nur im italienischen Catania ein hot spot errichtet, ein zweiter ist im griechischen Piräus geplant.
Dass Ungarn einen Grenzzaun errichtet, überrascht Außenminister Sebastian Kurz nicht. Wenn es in der EU keinen ganzheitlichen Ansatz in der Flüchtlingsfrage gebe, "dann sind Staaten ja gezwungen, Einzelmaßnahmen zu setzen" , sagte Kurz im APA-Interview.
Ungarn registriert eine neue Höchstzahl an Flüchtlingen. Die Polizei hat am Montag fast 2.100 Flüchtlinge aufgegriffen, die über die "grüne" Grenze aus Serbien gekommen sind. Das ist die höchste Zahl an Migranten, die dort seit Beginn der jüngsten Flüchtlingskrise innerhalb eines Tages registriert wurde.
Ungarn verschärft Grenzkontrollen weiter
Ungarn will die Grenzkontrollen angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen weiter verschärfen. Die Behörden kündigten am Mittwoch an, 2.100 Polizisten an die Grenze zu Serbien zu entsenden, um den Flüchtlingsandrang einzudämmen. Bereits im Bau sind überdies zwei Zäune an der Grenze, von denen das eineinhalb Meter hohe Drahtgeflecht bis Ende des Monats fertiggestellt sein soll.
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