Orban will Durchlassen von Flüchtlingen erwägen
Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat an die Adresse von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) erklärt, sein Land könne jederzeit seine Bemühungen zum Bremsen des Flüchtlingsstroms beenden und die zu Tausenden ankommenden Flüchtlinge nach Österreich und Deutschland durchreisen lassen. "Das müssen wir letzlich erwägen", sagte Orban laut der Nachrichtenagentur MTI nach dem EU-Gipfel am Mittwochabend.
Faymann habe eindeutig gesagt, "wenn wir die Migranten nur mittels eines Zaunes stoppen können, dann sollen wir sie lieber durchlassen", sagte Orban. Sein Land habe derzeit zwei Möglichkeiten, erklärt der ungarische Premier. Man könne die grüne Grenze mit einem Zaun schützen oder, wenn dies anderen "nicht gefällt", alle Flüchtlinge passieren lassen.
Faymann: Kritik an Zaun
Bundeskanzler Faymanns Antwort kam prompt: Er forderte Ungarn auf, die Gesetze einzuhalten, "das gilt sowohl für die Schengen- und Dublin-Regelung als auch für Menschenrechte und das Recht auf Asyl", so Faymann in einer Aussendung. Erneut kritisierte der Bundeskanzler den von Ungarn errichteten Zaun an der serbischen Grenze. Dieser sei "zwar rechtlich möglich", hindere aber "die Flüchtlinge ganz offensichtlich nicht an der Einreise nach Ungarn."
Rekordzahl
Ungarn hat am Mittwoch eine neue Rekordzahl von Flüchtlingen verzeichnet. Es wurden insgesamt 10.046 neu angekommene Flüchtlinge gezählt, wie die Polizei am Donnerstag auf ihrer Homepage mitteilte. Das ist die höchste Zahl von Neuankünften, die je in Ungarn registriert wurde. Zuletzt waren am 14. September, einen Tag bevor die verschärften Einwanderungsgesetze in Kraft traten, annähernd soviele Flüchtlinge, nämlich 9.380, in Ungarn angekommen. Seit der Abriegelung der Grenze zu Serbien kommen die Schutzsuchenden hauptsächlich über Kroatien ins Land. Von der Grenze werden sie offenbar weiter an die österreichische Grenze gebracht.
Kroatien hat seine Grenze für Serben am Donnerstag geschlossen. Serbische Staatsbürger und in Serbien registrierte Autos würden bis auf Weiteres nicht mehr ins Land gelassen, sagte ein kroatischer Grenzpolizist einer Nachrichtenagentur. Zuvor hatte Serbien im Streit im Umgang mit der Flüchtlingskrise seine Grenzen für kroatische Lkw und kroatische Güter geschlossen.
Grenzen dicht?
Am Mittwochabend drohte Orban, die Grenze seines Landes zu Kroatien zu schließen. Griechenland könne die Schengen-Außengrenze nicht schützen, sagte er am Mittwochabend vor dem EU-Gipfel in Brüssel zu ungarischen Journalisten. Er werde deshalb vorschlagen, "dass wir, die Europäer, gemeinsam die griechische Grenze schützen, wenn Griechenland, ein souveränes Land, dem zustimmt."
Sollte sein Vorschlag kein Gehör finden, führte Orban weiter aus, dann werde Ungarn die Grenze zu Kroatien schließen. "Schengen verpflichtet uns dazu", fügte er hinzu. Der Zaun an der Grenze zum südlichen Nachbarland sei bis zum Wochenende fertiggestellt. Bereits vor acht Tagen hatte Ungarn seine Grenze zu Serbien mit einer Sperranlage für Flüchtlinge abgeschottet.
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