Poroschenko kündigt Waffenruhe in Ostukraine an

Nahaufnahme von Petro Poroschenko, der zur Seite blickt.
Die Grenztruppen sollen im Krisengebiet wieder ihre Arbeit aufnehmen. Russland hatte mit Nachdruck ein Ende des Militäreinsatzes gefordert.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat eine Waffenruhe für die Ostukraine angekündigt. "Wir sollten in dieser Woche das Feuer einstellen", sagte Poroschenko laut der Agentur Interfax am Sonntag in Kiew. "Jeder Tag, an dem Menschen sterben, jeder Tag, an dem die Ukraine solch einen hohen Preis bezahlt, ist unannehmbar", so Poroschenko bei einer Sitzung zur Umsetzung seines Friedensplanes.

Deshalb sollten nun zuerst die Grenztruppen im Krisengebiet wieder ihre Arbeit aufnehmen, "damit die Sicherheit eines jeden Staatsbürgers der Ukraine gewährleistet ist, der in der Region Donbass lebt - unabhängig davon, welche politischen Sympathien er hegt", so der Staatschef. Der Grenzschutz hatte aus Sicherheitsgründen mehrere Übergänge geschlossen. Russland hatte zuletzt immer wieder mit Nachdruck ein Ende des Militäreinsatzes in der Ostukraine gefordert, damit der Dialog beginnen könne.

Flughafen von Luhansk angegriffen

Zuvor war bekannt geworden, dass prorussische Separatisten Samstagabend und Sonntag früh offenbar den internationalen Flughafen von Luhansk angegriffen hatten, der als eine der wenigen Einrichtungen in der ostukrainischen Region unter Kontrolle der ukrainischen Streitkräfte steht. "Sie versuchen offensichtlich, das Gebäude für die Stromversorgung des Airports zu zerstören", sagte einer der Soldaten, die den Flughafen verteidigen.

Nach seinen Angaben wurde von seiner Truppe niemand verletzt. Von Seiten der Separatisten wurden die Angriffe zunächst nicht bestätigt. Wegen der instabilen Lage in der Region ist der Flughafen seit rund einem Monat geschlossen. Laut dem ukrainischen Fallschirmjäger haben sich beide Seiten bisher nur kurze Scharmützel um die Kontrolle des Geländes geliefert, Angriffe wie am Samstagabend und Sonntagmorgen aber habe es noch nicht gegeben.

Prorussische Aktivisten hatten im Mai in Luhansk und der benachbarten Region Donezk unabhängige "Volksrepubliken" ausgerufen. In beiden Regionen liefern sie sich seitdem immer wieder heftige Gefechte mit den ukrainischen Truppen. Bei blutigen Kämpfen um den Flughafen von Donezk waren Ende Mai rund 40 Menschen getötet worden. Er steht seitdem wieder unter Kontrolle der ukrainischen Truppen.

Kurz vor Ablauf eines russischen Ultimatums zu Gaslieferungen an die Ukraine wollen die beiden Nachbarländer ihre Verhandlungen zum Energiepreis fortsetzen. An den Gesprächen am Montag in Brüssel werde auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger teilnehmen, teilte das russische Energieministerium am Sonntag mit.

Russland hat gedroht, der Ukraine den Gashahn zuzudrehen, sollte die Regierung in Kiew ausstehende Rechnungen nicht bis Dienstag beglichen haben. Ein solcher Schritt hätte vermutlich auch Folgen für die Energieversorgung der Europäische Union. Die EU-Staaten decken rund ein Drittel ihres Gas- und Ölverbrauchs mit Lieferungen aus Russland, rund die Hälfte davon strömt durch Pipelines durch die Ukraine.

Die beiden Länder sind uneins, wie viel die staatliche ukrainische Gasgesellschaft Naftogaz dem staatlichen russischen Monopolisten Gazprom für Lieferungen schuldet und wie hoch der künftige Gaspreis sein soll. Naftogaz beziffert die Schulden von 2013 bis zum 1. April 2014 auf 2,2 Milliarden Dollar (1,61 Mrd. Euro). In der vergangenen Woche hat die Ukraine bereits 786 Millionen Dollar beglichen. Russland geht hingegen von insgesamt 4,46 Milliarden Dollar aus. Weitere Gespräche hatten zu Wochenbeginn in Berlin keine Einigung gebracht.

Die Ukraine will eine erneute Preissenkung auf 268,50 Dollar je Kubikmeter Gas erreichen. Diesen Preis hatte sie zwischen Jänner und März zahlen müssen. Es handelte sich um ein Zugeständnis der russischen Regierung, nachdem der damalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch von einem Assoziierungsabkommen mit der EU abgerückt war. Nach dem Sturz Janukowitschs erhöhte Russland den Preis auf 485 Dollar. Die meisten europäischen Länder zahlen zwischen 300 und 400 Dollar.

Bei der umstrittenen Parlamentswahl in dem Konfliktgebiet Südossetien im Südkaukasus ist die prorussische Partei Geeintes Ossetien nach ersten Ergebnissen stärkste Kraft geworden. Die Partei, die eine Vereinigung der von Georgien beanspruchten Region mit Russland anstrebt, gewann laut Wahlleitung nach Auszählung von rund einem Drittel der Wahlzettel mit 44,11 Prozent der Stimmen. Die Schwarzmeerrepublik Georgien kritisiert die Abstimmung als illegal. Russland erkennt Südossetien trotz Kritik der EU und der USA als unabhängigen Staat an.

Auch die Partei Einheit des Volkes (Jedinstwo Naroda) und die Volkspartei (Noronaja Partija) schafften den Einzug in die Volksversammlung. Bei den meisten der anderen sechs Parteien war zunächst unklar, ob sie die nötige Sperrklausel von sieben Prozent erreichten, wie die Agentur Interfax aus der Hauptstadt Zchinwali meldete.

Die Partei Jedinaja Ossetija (Geeintes Ossetien) setzt sich offen für eine Vereinigung mit der russischen Teilrepublik Nordossetien ein. Sie strebt letztlich nach dem Vorbild der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim einen Anschluss an Russland an.

Die von schweren Kriegsschäden gezeichnete Region kämpft unter anderem mit Armut und Arbeitslosigkeit, einer maroden Infrastruktur und immenser Korruption. Nach Meinung von Beobachtern hat Russland auf die Anschlusstendenzen der Südosseten bisher auch wegen der hohen Kosten eher zurückhaltend reagiert.

Die Südkaukasusrepublik Georgien hatte 2008 in einem Krieg gegen Russland komplett die Kontrolle über Südossetien sowie über die Schwarzmeerregion Abchasien verloren. Russland hat als Schutzmacht Tausende Soldaten in Südossetien stationiert.

Aus Angst vor Übergriffen aus der Ex-Sowjetrepublik Georgien, die die Region als ihr Territorium sieht, wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Auch die Grenzübergänge nach Georgien sind bis Montag geschlossen, wie der südossetische Geheimdienst KGB mitteilte.

Insgesamt hatten sich Politiker von neun Parteien um die 34 Parlamentssitze beworben. Die Abgeordneten werden für fünf Jahre gewählt. Rund 42.000 Wahlzettel seien gedruckt worden, hieß es. Das Endergebnis soll an diesem Montag veröffentlicht werden. Der südossetische Präsident Leonid Tibilow sagte, dass die "strategische Partnerschaft" mit Russland gefestigt werden solle.

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