Regierungsgegner räumen Rathaus in Kiew
Zehntausende Regierungsgegner haben in der Ukraine mit Nachdruck einen Machtwechsel gefordert. Bei den erneuten Massenprotesten im Zentrum der Hauptstadt Kiew rief der Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk am Sonntag zur Gründung einer Parallelregierung auf. Aktivisten räumten zuvor nach wochenlanger Besetzung das Kiewer Rathaus.
Schweiz als Vermittler
Mit der Räumung des Rathauses wird eine zentrale Forderung des umstrittenen Staatschefs Viktor Janukowitsch erfüllt. "Wenn die Behörden ihre Zusagen nicht einhalten, werden wir das Rathaus aber wieder stürmen", warnte der Protestführer Ruslan Andrijko. In der Früh strömten zunächst zahlreiche Demonstranten aus dem Rathaus heraus. Später übergab Andrijko das Gebäude in einer Zeremonie an die Behörden. Im Beisein des Schweizer Botschafters in der Ukraine, Christian Schoenenberger, wurde vor dem Rathaus ein Dokument zur Übergabe unterzeichnet.
Proteste gehen weiter
Andrijko kündigte an, die Regierungsgegner wollten bis auf Weiteres vor dem Rathaus bleiben und die Proteste gegen Janukowitsch fortführen. Sie hielten zudem weitere öffentliche Gebäude in Kiew und anderen ukrainischen Städten besetzt. Das Rathaus war am 1. Dezember gestürmt worden, nachdem Sicherheitskräfte eine Demonstration gewaltsam aufgelöst hatten. Es galt seitdem als "Hauptquartier der Revolution" in der Ukraine.
Janukowitsch hatte eine Frist zur Räumung besetzter öffentlicher Orte bis Montag gesetzt. Dies ist Bedingung, damit eine vor zwei Wochen beschlossene Amnestie für die während der Proteste festgenommenen Demonstranten in Kraft treten kann. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Freitag wurden alle 234 inhaftierten Demonstranten bereits freigelassen, doch blieben die gegen sie vorgebrachten Vorwürfe vorerst bestehen.
Oppositionsführer Jazenjuk erklärte danach in einer Rede vor Anhängern, die Protestbewegung müsse auf der Straße bleiben. Er selbst werde sich an einer Regierung nur dann beteiligen, wenn Präsident Viktor Janukowitsch Machtbefugnisse abgibt. Jazenjuk führt die Parlamentsfraktion der Vaterlandspartei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. Er will sich auch im Ausland für sein Land einsetzen. Bei einem Besuch am Montag in Berlin will er für EU-Finanzhilfen werben.
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