Harte Bandagen bei Wahl-Debatte
Der Unterschied könnte kaum größer sein: Der lächelnde 61-jährige Vangelis Meimarakis, der vor Kurzem die Führung der griechischen konservativen Partei Nea Dimokratia übernahm, eine gutmütige Großvater-Figur mit Glatze, Schnurrbart und buschigen schwarzen Augenbrauen; neben ihm im Studio des Nationalsenders ERT wirkte der 20 Jahre jüngere Ex-Premier und Chef der radikalen Linken "Syriza", Alexis Tsipras, unruhig. Am Montag, sechs Tage vor der vorgezogenen Parlamentswahl, lieferten sich beide Hauptopponenten eine lebhafte TV-Debatte. Dabei trafen zwei politische Welten auf einander: Der junge Idealist, der immer noch glaubt, er könne Griechenland und Europa verändern, gegen den erfahrenen Parteifunktionär aus dem alten politischen Establishment, das durch Korruptionsskandale vorbelastet ist. Tsipras griff das Thema auf: die Korruption, mit der man traditionelle Parteien, wie Nea Dimokratia, assoziiert. "Über Korruption lassen wir uns nicht von Leuten belehren, die es nicht geschafft haben ein einziges Antikorruptionsgesetz zur Abstimmung ins Parlament zu bringen", so Meimarakis.
Ergebener Parteidiener
Doch sein Name tauchte auch in einer Geldwäscheaffäre auf, und er war gezwungen, 2012 seinen Posten als Parlamentssprecher zu räumen – kam aber bald wieder ins Parlament zurück. "Anders als Ex-Parteichef Antonis Samaras, gilt Meimarakis als ergebener Diener von Nea Dimokratia und steht politisch mehr in der Mitte", so der Politologe George Tzogopoulos.
Meimarakis wurde in Athen geboren und ist Rechtsanwalt von Beruf. Bereits in der Studienzeit war er politisch aktiv und zählte zu den Gründungsmitgliedern von ONNED, der Jugendbewegung der Nea Dimokratia. Im 1989 wurde er zum ersten Mal als Abgeordneter der Konservativen ins Parlament gewählt. Von 2006 bis 2009 war er Verteidigungsminister.
"Auf persönlicher Ebene wirkt Meimarakis volksnah und bevorzugt einfache Redewendungen", sagte Tzogopoulos. Doch seinen Erfolg in Umfragen verdanke Meimarakis nicht eigenen Qualitäten, sondern dem Scheitern seines politischen Opponenten Tsipras, meint der Politologe. Im Jänner gewann der radikale Linke die Wahl mit dem Versprechen, den Sparmaßnahmen in Griechenland ein Ende zu setzten. Im Juli enttäuschte er aber seine Wähler, indem er ein drittes Abkommen mit den Gläubigern unterschrieb.
Nun liegen Syriza und Nea Dimokratia in den Umfragen Kopf an Kopf: In einer Woche könnte der neue griechische Premier also auch Meimarakis heißen.
Sollte er die Wahl gewinnen, werde er eine Regierung bilden, die den Mut habe, die im dritten Abkommen geforderten Reformen durchzuführen, erklärte der Nea Dimokratia-Chef. "Sie will ich nie wieder als Premierminister sehen", wandte er sich am Tsipras. Der wiederum schloss eine Koalition mit den Konservativen als "unnatürliches Bündnis" aus und warnte vor voreiligen Schlüssen auf das Wahlergebnis. Schließlich hatten sich Umfragen vor dem Juni-Referendum als völlig falsch erwiesen, so Tsipras.
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