Polen: Tusk warnt vor "hysterischem Verhalten"

Der EU-Gipfelchef sieht den Ruf Polens durch die Diskussion über die umstrittenen neuen Gesetze in Gefahr.

Die umstrittenen Reformen der neuen polnischen Regierung sollen nicht zum Thema beim Februar-Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs werden. "Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, die Situation in Polen im Europäischen Rat zu diskutieren", sagte EU-Gipfelchef Donald Tusk am Montag nach einem Gespräch mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda in Brüssel.

Guter Ruf in Gefahr?

Zudem gebe es auch keinen Antrag der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments oder der Europäischen Kommission. Mit Blick auf die aktuelle Debatte warnte er vor "hysterischem Verhalten". Tusk wies seinen rechtskonservativen Landsmann Duda gleichzeitig darauf hin, dass er den guten Ruf Polens durch die aktuelle Diskussion über die neuen Justiz- und Mediengesetze in Gefahr sieht. Es gehe darum, was die Bürger und Regierungen in den vergangenen 25 Jahren aufgebaut hätten, sagte der frühere liberalkonservative Ministerpräsident. Kritiker der neuen Gesetze in Polen befürchten, dass diese die Unabhängigkeit von Justiz und Medien gefährden.

Der polnische Präsident rief zu einem ruhigen und faktenbasierten Dialog auf. Er könne versichern, dass in Polen derzeit nichts Außergewöhnliches geschehe. Veränderungen nach einem Regierungswechsel seien normal, sagte er.

"Gefährliche Putinisierung"

Auch Tusk warnte vor "hysterischem Verhalten" in der Diskussion über Polen und kritisierte die Aussagen einiger Politiker in Polen und anderen Staaten. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hatte der polnischen Regierung jüngst "eine gefährliche Putinisierung der europäischen Politik" vorgeworfen. Zurückhaltung und eine vernünftige Wortwahl seien wichtig, um unnötige Verwirrung und Konflikte zu vermeiden, sagte Tusk.

Öl ins Wasser gießt dabei der nationalkonservative polnische Parteichef Jaroslaw Kaczynski. Er strebt jetzt in Polen eine Änderung der Verfassung an. In seinem ersten Interview seit dem Wahlsieg seiner Partei "Recht und Gerechtigkeit" ( PiS) sagte er der Zeitung Rzeczpospolita (Montag), er sei im Streit um das Verfassungsgericht zu einem Kompromiss bereit, wenn er die Unterstützung der Opposition für die Verfassungsänderung erhalte.

"Dürfen keinerlei Druck unterliegen"

Dabei nannte Kaczynski unter anderem eine Reform des Gerichtswesens. Hierfür sind zwei Drittel der Abgeordnetenstimmen im polnischen Parlament erforderlich, die PiS hat 234 der 460 Abgeordnetenmandate. "Wenn unsere Gegner einer Änderung der Verfassung zustimmen, könnten wir mit einer Lösung dieses Streits rechnen", sagte Kaczynski, der in der Regierung von Beata Szydlo kein Ministeramt hat. Dafür sei die PiS sogar bereit für ein Verfassungsgericht, dessen Richter mehrheitlich Kandidaten der Opposition seien.

"Wir müssen unseren Weg gehen, dürfen keinerlei Druck unterliegen", sagte Kaczynski. Es sei lachhaft zu behaupten, dass die Demokratie in Polen bedroht sei. "Wir werden wegen nichts angegriffen", betonte Kaczynski.

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