Türkei: Intervention gegen Dresdner Sinfoniker

Angela Merkel und Donald Tusk treffen sich mit einer Gruppe von Personen.
Während Merkel wegen der Flüchtlingsfrage in die Türkei reist, steigen die Spannungen.

Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei bleiben angespannt. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel reist heute ins türkisch-syrische Grenzgebiet nach Gaziantep, um sich vor Ort ein Bild der Lage der Flüchtlinge zu machen. Mit dabei sind EU-Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans und Ratspräsident Donald Tusk. Gaziantep liegt in einer Region, in der fast 340.000 Menschen aus Syrien leben. Grund für die Reise ist der EU-Türkei-Pakt zur Eindämmung des Flüchtlingsandrangs in die EU. Die Türkei fordert Visafreiheit im Gegenzug für die Rücknahme von Flüchtlingen. Der Pakt zwischen EU und Türkei läuft schleppend an, die Spannungen hingegen wachsen - die EU will nicht den Anschein erwecken, europäische Grundwerte für den Flüchtlingsdeal zu verraten.

Kurz vor ihrem Besuch vollzog Merkel in der Affäre Böhmermann eine Wende und räumte in aller Öffentlichkeit Fehler ein. Der Satiriker Jan Böhmermann hatte mit einem Schmähgedicht auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eine Staatsaffäre ausgelöst. Merkel hatte zunächst Böhmermanns Zeilen gemeinsam mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu früh als "bewusst verletzend" bewertet. Am Freitag sagte sie hingegen: "Das war im Rückblick betrachtet ein Fehler."

Auch beklagte die deutsche Bundesregierung eine weitere Verschlechterung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei. Für Journalisten "lässt sich gegenüber November 2015 eine Verschlechterung der Situation feststellen", heißt es laut "Rheinischer Post" in einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Linken.

Angriff auf Sinfoniker

Die Antwort aus Ankara folgte quasi auf dem Fuße: Die Türkei macht nun auf europäischer Ebene Druck gegen ein Projekt der Dresdner Sinfoniker. Das Konzertprojekt "Aghet" behandelt den Genozid an den Armeniern vor 100 Jahren. Der EU-Botschafter verlange, dass die Europäische Union die Förderung für die internationale Produktion einstellt, sagte Intendant Markus Rindt am Samstag in Dresden. Das sei ein "Angriff auf die Meinungsfreiheit".

Das ist viel Begleitmusik für Merkels Besuch, der sich eigentlich um die Flüchtlinge an der Grenze dreht. Premier Davutoglu nahm Merkel am Samstag in Empfang. Erdogan wird Merkel dieses Mal nicht treffen.

Angela Merkel und ein Mann im Anzug besuchen eine Schulklasse.
German Chancellor Angela Merkel and Turkish Prime Minister Ahmet Davutoglu visit a group of children in the kindergarten in Nizip refugee camp near Gaziantep, Turkey, April 23, 2016. Bundesregierung/Steffen Kugler/Handout via REUTERS ATTENTION EDITORS - THIS IMAGE WAS PROVIDED BY A THIRD PARTY. EDITORIAL USE ONLY. NO RESALES. NO ARCHIVE.

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