Machtspiele in der Karibik: Warum Trump einen verurteilten Drogenboss begnadigt
Selbst für honduranische Verhältnisse ist es ein bemerkenswerter Wahlkrimi: Fünf Tage ist es her, dass die Bewohner des mittelamerikanischen Landes an die Urnen gerufen wurden, um einen neuen Präsidenten oder eine neue Präsidentin zu wählen. Ein offizieller Sieger lag auch am Donnerstagabend noch nicht vor. Technische Probleme verzögerten die Auszählung; zwischen den beiden Favoriten, dem zentristischen Salvador Nasralla und dem konservativen Nasry „Tito“ Asfura, lagen bis zuletzt nur wenige Tausend Stimmen.
Zusätzlichen Zündstoff erhält das Kopf-an-Kopf-Rennen in Honduras durch die Einmischung von US-Präsident Donald Trump. Er wirft den dortigen Behörden vor, das Wahlergebnis zu manipulieren - ohne Belege. Bereits im Wahlkampf hatte er zudem angedroht, dem Land die US-Wirtschaftshilfe zu streichen, sollte sein Favorit „Tito“ nicht gewinnen.
Ex-Präsident wurde zu 45 Jahren Haft verurteilt
Und zwei Tage vor dem Urnengang kündigte Trump schließlich überraschend an, den in den USA wegen Drogenhandels verurteilten honduranischen Ex-Präsidenten Juan Orlando Hernández (2014-2022) zu begnadigen. Hernández, ein Parteifreund „Titos“, sollte eigentlich eine Haftstrafe von 45 Jahren in den USA absitzen. Er wurde beschuldigt, am Kokaintransport im großen Stil beteiligt gewesen zu sein.
Seit Montag ist er nun aber wieder auf freiem Fuß, was sowohl Demokraten als auch Teile der Republikaner scharf kritisieren. Steht doch die Begnadigung eines verurteilten Drogenbosses im klaren Widerspruch zu Trumps erklärtem Kampf gegen den „Drogenterrorismus“.
Hintergrund dürften Hernández’ enge Verbindungen zu Trumps MAGA-Bewegung ("Make America Great Again") sein: Einflussreiche Persönlichkeiten aus dem Umfeld des US-Präsidenten, etwa der Berater Roger Stone oder der Ex-Abgeordnete Matt Gaetz aus Florida, sollen Medienberichten zufolge monatelang für die Freilassung des Honduraners lobbyiert haben.
Dadurch sollte dessen konservative Partei vor der Wahl gestärkt und die linke Präsidentin Xiomara Castro geschwächt werden, schreibt das Wall Street Journal unter Berufung auf Insider. Hernández' Fürsprecher hätten das Urteil dem US-Präsidenten gegenüber als „Lawfare“ der Biden-Administration und Castro als Kommunistin diffamiert, die mit venezolanischen Drogenhändlern kooperiere.
Mächtige Verbündete in der Wirtschaft
Geholfen haben dürfte auch, dass der honduranische Ex-Präsident in höchsten US-Wirtschaftskreisen bestens vernetzt ist. Auch, weil er während seiner Amtszeit sogenannte Sonderentwicklungszonen, also Privatstädte, auf honduranischem Staatsgebiet schaffen schaffen ließ. In diesen sogenannten Zonas de Empleo y Desarrollo Econónomico (ZEDE) gilt eine eigene Gesetzgebung.
Das prominenteste Beispiel ist die Krypto-Stadt Próspera auf der Karibik-Insel Roatán, die als „Start-up-Zone mit regulatorischer und steuerlicher Autonomie“ auf der Website beworben wird. Das heißt: minimale Steuersätze, kaum Regulierung, superschnelle Unternehmensgründung "in sechs Klicks" und große technologische Versprechen.
Próspera soll inzwischen bereits mehr als 1.700 Bewohner aus allen Teilen der Welt und 200 gegründete Unternehmen beherbergen. Finanziert wird das hoch umstrittene Projekt von mächtigen, ultralibertären Investoren aus dem Silicon Valley. Auch Tech-Milliardär Peter Thiel ist beteiligt, die FPÖ-Abgeordnete Barbara Kolm wurde Vorsitzende eines Gremiums.
Noch-Präsidentin Castro, die laut Verfassung bei der Wahl am Sonntag nicht erneut kandidieren durfte, wollte das Projekt nach ihrem Amtsantritt umgehend stoppen. Die in den USA ansässige Próspera Inc. Honduras klagte daraufhin den honduranischen Staat auf 11 Mrd. Dollar Schadenersatz. Das sind rund zwei Drittel des jährlichen Staatshaushalts des bitterarmen Karibik-Landes.
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