Theresa Mays Weg in die Downing Street ist nach Leadsoms Abgang frei

Die neue Regierungschefin steht fest. Premier David Cameron tritt morgen zurück.

"Eine neunwöchige Kampagne um den Parteivorsitz in so einem kritischen Moment für unser Land wäre höchst unerwünscht", sagte Andrea Leadsom, als sie gestern den Verzicht auf ihre Kandidatur gegen die Favoritin, Innenministerin Theresa May, bekannt gab, "Die Wirtschaft braucht Gewissheit." Dies hätte bereits gegolten, ehe Leadsom wegen ihrer umstrittenen Aussage unter Druck geriet, sie sei als Mutter besser für das Premierministerinnenamt qualifiziert als die kinderlose May, die mit dem Banker Philip May verheiratet ist.

Graham Brady, der Vorsitzende des für die Nachfolge David Camerons zuständigen Parteikomitees, erklärte die Führungsfrage als somit eindeutig beantwortet. Premier Cameron wird morgen, Mittwoch, offiziell zurücktreten. Theresa May kam gestern von einem Termin in Birmingham und ließ ihren Dienstwagen direkt zur Premierminister-Residenz an der Downing Street 10 steuern.

"Brexit ist Brexit", betonte May in einem kurzen Statement am Abend und erteilte allen Bestrebungen nach einem zweiten EU-Referendum eine Absage. "Wir werden ein besseres Britannien bauen."

Was genau darunter zu verstehen sein wird, ist wenig eindeutig. Sobald der ominöse Artikel 50 zum Austritt aus der EU in Kraft tritt, wird die Hauptaufgabe der neuen Premierministerin nicht nur in Verhandlungen mit der EU bestehen. May muss nun, so wie schon David Cameron vor ihr, die verschiedenen Fraktionen innerhalb der Tories vereinen, die verschiedene Begehren wie etwa die Beschränkung der Bewegungsfreiheit als Vorbedingung für diese Verhandlungen einfordern.

Ruf nach Neuwahlen

Sowohl die selbst von einem Führungskampf erschütterte Labour Party (siehe rechts) als auch die nach den letzten Unterhauswahlen schwer dezimierten Liberaldemokraten (Libdem) forderten umgehende Neuwahlen. "Es ist unvorstellbar, dass Theresa May zur Premierministerin gekürt wird, ohne je eine Wahl in ihrer eigenen Partei, geschweige denn im ganzen Land gewonnen zu haben", sagte Libdem-Chef Tim Farron.

Die Aussichten darauf sind allerdings gering, denn der bisherige Schatzkanzler George Osborne, derzeit auf Kalmierungsmission in den USA, hat sich bereits hinter May als Anführerin des Brexit-Prozesses gestellt: "Ich habe sechs Jahre lang für sie gearbeitet", meinte Osborne, "sie ist stählern und entschlossen genug, um diesen Job zu erledigen."

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