Syrien: Letzte IS-Bastion Baghouz gefallen

Syrien: Letzte IS-Bastion Baghouz gefallen
Das vom IS ausgerufene "Kalifat" sei "vollständig eliminiert".

Die letzte Bastion der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) im syrischen Baghouz ist nach Angaben kurdisch-arabischer Kämpfer gefallen. Das vom IS ausgerufene "Kalifat" sei "vollständig eliminiert", erklärte ein Sprecher der von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) am Samstag. Er verkündete eine "hundertprozentige territoriale Niederlage" der Dschihadisten.

Der Ort Baghouz sei befreit und der militärische Sieg erzielt worden, teilte der Sprecher der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Mustafa Bali, am Samstag über Twitter mit.

Das Weiße Haus hatte bereits am Freitag die Vertreibung des IS aus Baghouz (Baghus) verkündet, obwohl die Kämpfe zu dem Zeitpunkt laut SDF noch andauerten. Die letzte IS-Bastion war am Freitagmorgen nach zweitägiger Pause wieder unter Beschuss genommen worden.

Die Offensive zur Befreiung von Baghouz hatte am 9. Februar begonnen. Die Dschihadisten leisten erbitterten Widerstand.

Schläferzellen

Der IS hatte 2014 weite Teile Syriens und des Irak unter seine Kontrolle gebracht und ein "Kalifat" ausgerufen. Im Irak galt er bereits als besiegt. Mit der Einnahme von Baghouz ist das "Kalifat" nun Geschichte. Die Dschihadisten sind aber weiterhin in der Badia-Wüste präsent und haben in Syrien und dem Irak zahlreiche Schläferzellen, die immer wieder Anschläge verüben.

Die vollständige Einnahme von Baghouz soll faktisch das Ende der IS-Herrschaft in der Region besiegeln. Mehr als 60.000 Menschen sind nach Angaben der SDF-Rebellen in den vergangenen zwei Monaten aus dem umkämpften Gebiet an der irakischen Grenze geflohen. Etwa 5.000 IS-Kämpfer hätten sich ergeben.

Damit erreicht der Krieg gegen den IS in Syrien und im Irak nach fast fünf Jahren sein vorläufiges Ende. Die Extremisten hatten im Sommer 2014 den Höhepunkt ihrer Macht erreicht, als sie die nordirakische Millionenstadt Mosul (Mossul) überrennen konnten. Kurz darauf rief die Terrormiliz ein "Kalifat" unter Führung von IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi aus, der sich in einer Moschee Mosuls bei einer Freitagspredigt das bisher einzige Mal öffentlich zeigte.

Die Dschihadisten kontrollierten damals eine riesige Region, die sich über große Teile Syriens und des Iraks erstreckte. Mit dem Beginn der internationalen Militärintervention unter US-Führung verlor der IS sein Herrschaftsgebiet jedoch nach und nach. Mit Unterstützung aus der Luft brachten es lokale Bodentruppen unter ihre Kontrolle.

Im Sommer 2017 konnte die irakische Armee Mosul nach monatelangen heftigen Kämpfen vollständig befreien. Im Herbst desselben Jahres verloren die Dschihadisten die nordsyrische Stadt Al-Raqqa (Al-Rakka), die inoffizielle Hauptstadt des IS. Ende 2017 erklärte der Irak den militärischen Sieg über die Terrormiliz. Zurück bleiben zerstörte Städte und Regionen, deren Wiederaufbau Milliarden kosten wird.

Gräben und Tunnel

In Baghouz nahe der Grenze zum Irak waren bis zuletzt noch IS-Anhänger auf engstem Raum am Ufer des Euphrat-Flusses in einem Zeltlager eingeschlossen, wo sie sich in Gräben und Tunnel eingegraben hatten. Bis zum Schluss leisteten sie Widerstand. Auch IS-Chef Abu Bakr al-Bagadadi soll Medienberichten zufolge in Baghouz gewesen, vor Beginn der kurdischen Offensive aber in die umliegenden Wüstengebiete geflohen sein.

In den vergangenen Wochen hatten Tausende IS-Kämpfer aufgegeben und sich den SDF-Truppen gestellt. Sie wurden in Gefangenenlager gebracht und verhört. Auch Zehntausende Zivilisten, darunter Angehörige der IS-Kämpfer, verließen den Ort. Die "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte" warf den Extremisten vor, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

Mit dem Sieg über den IS wird auch ein baldiger Abzug der US-Truppen aus Syrien wahrscheinlicher, den US-Präsident Donald Trump im Dezember angekündigt hatte. Allerdings soll nach letzten Plänen des Weißen Hauses noch ein Truppenkontingent im Land bleiben.

Die Abzugspläne Amerikas haben international massive Kritik ausgelöst. Militärs und Beobachter warnen, der IS sei trotz der Niederlage noch nicht besiegt und könne wieder erstarken. In einem vor einigen Wochen vom Pentagon veröffentlichten Bericht heißt es, der IS bleibe aktiv und könne in sechs bis zwölf Monaten wieder aufleben.

Bei einem US-Abzug droht auch ein Angriff der Türkei auf die Kurdenmiliz YPG, die die SDF anführt. Die Regierung in Ankara sieht in der Miliz einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und hat sie als Terrororganisation eingestuft. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat einen Offensive gegen die YPG angekündigt.

Die Kurden kontrollieren in Nordsyrien ein großes Gebiet an der Grenze zur Türkei und haben dort eine Selbstverwaltung errichtet. Die YPG ist der wichtigste Verbündete der USA in Syrien. Unter Führung der Miliz konnten die SDF die größten Teile des IS-Gebietes in dem Bürgerkriegsland einnehmen, darunter wichtige Ölquellen.

Kommentare