Slowakische Minister gehen wegen Sputnik-Streit

Premier Igor Matovic zerbröselt die slowakische Regierung
Rücktritt Nummer 6 - alle aus Protest wegen Sputnik-Bestellung durch Premier Matovic. Nur er will nicht gehen.

Die schwere Covid-Krise und der Streit um den russischen Impfstoff Sputnik V lässt die Regierung in der Slowakei zerbröseln.  Am Donnerstag folgten der fünfte und sechste Ministerrücktritt Wie lange sich Premier Igor Matovic, der eigenmächtig Sputnik V bestellt hat, noch halten kann, ist fraglich.

Österreichs Nachbarland verzeichnet seit Wochen mehr Corona-Tote im Verhältnis zur Bevölkerungszahl als jedes andere Land Europas. Und statt an einem Strang zu ziehen, kann sich die Regierung seit Monaten nicht auf eine klare Strategie zur Pandemiebekämpfung einigen. Jetzt steht sie vor dem Zerfall.

Staatspräsidentin Zuzana Caputova nahm am Donnerstag die Rücktritte fünf und sechs an: von Außenminister Ivan Korcok und Bildungsminister Branislav Gröhling. Beide sind Vertreter der rechtsliberalen Partei "Freiheit und Solidarität" (SaS) des zuvor ebenfalls zurückgetretenen Vizepremiers Richard Sulik.

Die SaS und die zweite liberale Partei Za ludi (Für die Menschen) verlangen weiterhin den Rücktritt des Regierungschefs, der eigenmächtig das in der EU nicht zugelassene Corona-Vakzin Sputnik V angeschafft hat. Ohne die beiden Parteien hat Matovic im Parlament keine Mehrheit mehr. 

Dreifach-Minister

Damit sind mit Stand Donnerstag Mittag bereits sechs Minister der slowakischen Regierung zurückgetreten -  und das innerhalb von nur zwei Wochen. Präsidentin Caputova übertrug Verteidigungsminister Jaroslav Nad die Führung des Außenministeriums. Das Bildungsministerium übernahm interimistisch Finanzminister Eduard Heger, der seit der Vorwoche auch schon interimistischer Gesundheitsminister ist. Heger, der damit gleich drei durch Covid schwer geforderte Ressorts zu führen hat, wird als möglicher neuer Regierungschef gehandelt.

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Soll Matovic als Regierungschef ablösen: Finanzminister Eduard Heger

Staatspräsidentin Caputova setzte jedenfalls ein Zeichen mit der Bestellung. Sie fordert ebenfalls den Rücktritt von Matovic. Denn nur so lasse sich aus ihrer Sicht eine Einigung der Koalitionsparteien auf eine Regierungsumbildung erreichen.

Scheu vor Neuwahlen

Die Vier-Parteien-Koalition regiert erst seit gut einem Jahr, nachdem die der Europäischen Volkspartei (EVP) angehörende Protestpartei Olano einen Überraschungssieg bei der Parlamentswahl erzielt hatte. Nach einem Jahr chaotischer Regierungsführung ist die Partei von Matovic in den Umfragen zurückgefallen, bei Neuwahlen würde demnach die neu gegründete Linkspartei Hlas (Stimme) von Ex-Premier Peter Pellegrini einen klaren Sieg davontragen. Beobachter sehen die Umfragewerte als Grund, warum die Koalitionsparteien den Gang in Neuwahlen scheuen.

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