Die Supermächte Indien und China tragen ihren Kampf um die politische und wirtschaftliche Dominanz in Asien zunehmend auch mithilfe gigantischer Infrastrukturprojekte auf dem Dach der Welt aus.
Auf beiden Seiten der rund 3.500 Kilometer langen, seit Jahrzehnten in weiten Abschnitten umstrittenen und umkämpften Grenze werden Autobahnen und Zugstrecken gebaut.
Bauarbeiter bohren oder sprengen Tunnels in Gebirgsmassive, zementieren Landebahnen oder errichten Staudämme für Wasserkraftwerke, die die Energieversorgung der wachsenden Bevölkerungen sichern sollen.
Gebietsansprüche
Dazu kommen neu geplante Siedlungen in Höhen von bis zu 4.000 Metern, mit denen Gebietsansprüche untermauert werden sollen, die in der Vergangenheit auch schon mit Waffengewalt durchgesetzt werden sollten.
Während die Führung in Peking unter anderem mit einer neuen Bahnlinie die unterdrückten Provinzen Xinjiang und Tibet noch enger an sich binden will, befördert Neu Delhis hindu-nationalistische Regierung den hinduistischen Pilgertourismus in der Region.
Rund um Joshimath liegen gleich mehrere religiöse Stätten, deren Besucherzahl in den vergangenen zwei Jahren auf vier Millionen verdoppelt wurde.
Gefahr durch Erwärmung
Ermöglicht wird der Bauboom durch den Klimawandel, der das unwirtliche Himalaya-Gebiet zunehmend wirtschaftlich erschließ- und nutzbar macht. Doch genau in dieser Entwicklung liegt auch die Gefahr.
Das ohnehin fragile Ökosystem des Himalaya leidet unter der Erderwärmung besonders. Gletscher schmelzen, was zu Überflutungen und Erdrutschen führt; das Auftauen des Permafrost-Bodens macht Gebirgszüge instabil.
Werden dazu noch große Mengen Grundwasser entnommen, können ganze Städte absacken – was in Joshimath passiert sein dürfte.
In den 70er-Jahren hatten Experten erstmals erklärt, dass rund um Joshimath nicht weiter gebaut werden sollte – wurde die Stadt doch vor mehr als 100 Jahren bereits auf den Überresten eines Erdrutsches gegründet.
Alle Warnungen werden allerdings bis heute in den Wind geschlagen. Zuletzt errichtete die indische Regierung in dem Gebiet mehrere Staudämme.
Experten kritisieren, dass sowohl bei diesen als auch allen anderen Bauprojekten der fortschreitende Klimawandel nicht berücksichtigt werde, auch nicht vonseiten Chinas.
Nach einem verheerenden Erdrutsch mit knapp 200 Toten und Vermissten im Oktober 2021, in dessen Zuge sich in Joshimath die ersten Risse zeigten, befürchten sie eine Zunahme derartiger Naturkatastrophen in den kommenden Jahren.
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