Showdown im kaukasischen Machtkampf

Showdown im kaukasischen Machtkampf
Zweiter Anlauf zur Premierswahl in Armenien. Kandidat der Opposition hatte landesweit Massenproteste organisiert

Neuer Höhepunkt im Ringen um die Macht in der Kaukasus-Republik Armenien. Heute wird ein frischer Anlauf im Parlament unternommen, einen Regierungschef zu wählen – damit soll das wochenlange Chaos ein Ende finden.

Rückblende: Der Premierminister lässt seinen Kontrahenten nach einer TV-Konfrontation aus dem Studio heraus verhaften, nachdem dieser ihn zum Rücktritt aufgefordert hat. Schon am nächsten Tag führen heftige Proteste dazu, dass der Oppositionspolitiker Nikol Paschinian freigelassen wird und der Premier seine Niederlage einräumt: „Er hatte recht, ich lag falsch“, sagte Sersch Sarkissian und erklärte am 23. April seinen Rücktritt. Seither ist das Land führungslos.

„Am 8. Mai wird Armenien einen Premier haben“, ist der Parteichef der führenden Republikanischen Partei, Wagram Bagdasarian, nach einem Treffen mit Paschinian zuversichtlich. Seine Partei werde für denjenigen stimmen, der von einem Drittel des Parlaments nominiert werde – Paschinian, er ist der einzige Kandidat.

Nachdem die Republikaner sich zum Gespräch bereit gezeigt hatten, rief der 42-jährige Paschinian in der Vorwoche seine Unterstützer dazu auf, die Proteste auszusetzen. Wegen ihrer Gewaltlosigkeit wird die Bewegung auch als „samtene Revolution“ bezeichnet.

Auslöser der Proteste war die Wahl von Sarkissian zum Premier Anfang April. Sarkissian war zuvor bereits seit 2008 Präsident des Landes gewesen, seine zweite und letzte Amtszeit endete am 9. April. Sarkissian ließ sich entgegen vorangegangener Versprechungen zum Premierminister wählen, um so seine Herrschaft zu verlängern. Dieser Wortbruch sowie die weit verbreitete Korruption wurden Sarkissian zum Verhängnis.

Kampf der Korruption

Als Ex-Chefredakteur einer Oppositionszeitung hat Paschinian 2008 Proteste gegen Sarkissian organisiert. 2012 zog er als Abgeordneter ins Parlament ein und gründete seine eigene Partei. Sollte er zum armenischen Übergangspremier gewählt werden, will er das Wahlrecht reformieren und möglichst schnell Neuwahlen ausrufen um das „korrupte Parlament“ zu ersetzen.

Ein Bruch mit dem alten Verbündeten Russland steht aber wohl nicht bevor. Armenien ist zu sehr auf Unterstützung aus Moskau angewiesen. Der Konflikt mit Aserbaidschan um die Grenzregion Berg-Karabach ist ein weiteres Druckmittel, das Russland gegen Eriwan ausspielen kann. Russland gilt als Schutzmacht Armeniens.

Die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa sagte jüngst in Moskau, dass die Friedensbemühungen für das Unruhegebiet Berg-Karabach wieder aufgenommen werden könnten, sobald sich die Lage in Armenien stabilisiert habe.

Dominik Bohn

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