Ein Klick, ein Like, ein Kleid für drei Euro

FILE PHOTO: Workers work at a production line manufacturing clothing for Shein at a factory in Guangzhou
Als erstes europäisches Land führt Frankreich ab Herbst ein Gesetz zur Regulierung von Billig-Kleidung ein. Die EU will nachziehen, und auch in Österreich bestehen ähnliche Überlegungen.

Von Heidi Wedel 

In nur wenigen Minuten ist der Warenkorb voll: Auf Plattformen wie Shein oder Temu ist Mode rund um die Uhr verfügbar – schnell und billig. Was beim Einkauf dagegen kaum auffällt: Dahinter stecken schlechte Arbeitsbedingungen, Umweltverschmutzung und eine Industrie, die Ressourcen in Rekordzeit verbraucht.

Genau deswegen hat der Senat in Frankreich Mitte Juni 2025 ein Gesetz zur Regulierung von Ultra-Fast-Fashion verabschiedet. Ein Schritt, der die Modeindustrie in Europa nachhaltig beeinflussen wird. Das Gesetz zielt darauf ab, vorrangig chinesische Online-Plattformen wie Shein, Temu oder AliExpress zu regulieren. 

Frankreich will mit den neuen Vorgaben gegen Umweltverschmutzung, ausbeuterische Produktion und besonders gegen die Marktverzerrung durch Billigmode vorgehen. Kern des Gesetzes ist eine Umweltabgabe, also ein Aufpreis von bis zu fünf Euro pro Kleidungsstück, die bis ins Jahr 2030 auf zehn Euro pro Kleidungsstück erhöht werden soll. 

Sie darf jedoch nicht mehr als 50 Prozent des Verkaufspreises betragen. Zudem wird Werbung für Ultra-Fast-Fashion-Marken vollständig verboten und es sind Sanktionen für Influencer vorgesehen, die Werbung dafür machen.

Ultra- vs. Fast-Fashion

Das Gesetz unterscheidet zwischen Ultra-Fast-Fashion und Fast-Fashion – doch was ist der Unterschied?

Zu Ultra-Fast-Fashion zählen in erster Linie chinesische Unternehmen wie Temu, Shein oder AliExpress. Ihr Geschäftsmodell basiert darauf, Daten von Social-Media-Nutzern auszuwerten – so können sie Trends sofort erkennen und Kleidung bedarfsorientiert in sehr kleinen Mengen produzieren – oft auch innerhalb weniger Tage. Ihre Produktionszyklen sind also sehr kurz.

Diese extrem günstigen Kleidungsstücke sprechen besonders junge Menschen an: Ein Kleid, das bei etablierten Marken oft mehrere Hundert Euro kostet, wird bei Anbietern wie Shein regelrecht verschenkt. Hinzu kommen oft hohe Versandkosten, die anfallen, wenn die Mindestbestellmenge nicht erreicht wird. Das schafft einen weiteren Anreiz für Kunden, mehr zu bestellen.

Europäische Anbieter wie Zara oder H&M, die mit längeren Produktionszyklen arbeiten, zählen dabei zur Fast-Fashion und unterliegen weniger strengen Auflagen. Das wird von Umweltorganisationen scharf kritisiert – sie fordern eine umfassende Regulierung für die gesamte Branche.

Verfolgt werden mit dem Gesetz nicht nur wirtschaftliche und umweltpolitische Ziele, sondern auch ein gesellschaftliches Ziel. Junge Konsumenten sollen demnach auf ökologische und soziale Folgen aufmerksam gemacht werden.

In den USA verzeichnen Shein und Temu stark rückläufige Zahlen, seit US-Präsident Donald Trump sie im Frühjahr mit einem eigenen Gesetz ins Visier nahm. In Europa boomen sie jedoch: Temus Umsätze legten demnach im Mai im Jahresvergleich um 63 Prozent zu, Sheins um 19 Prozent.

Fast-fashion brand Shein opens a pop-up store in Ottawa

Shein Pop-Up Store in Ottawa

Europa zieht nach

Die EU plant nun ebenfalls eine Zwei-Euro-Abgabe auf Pakete aus Drittstaaten. Ziel ist es, die gestiegenen Zollkosten durch Billigimporte zu decken, gleichzeitig soll es für fairen Wettbewerb sorgen.

Auch in Österreich gibt es Überlegungen, die chinesischen Anbieter einzuschränken. Der Handelsverband Österreich fordert eine nationale Regelung mit ähnlichen Maßnahmen – Strafzuschläge auf umweltschädigende Produkte, ein Werbeverbot für Marken wie Temu und eine Abgabe im Wert von mindestens zwei Euro auf alle Paketlieferungen aus Drittstaaten. Man möchte damit umweltbezogene Konsequenzen verhindern. 

„Es braucht jetzt einen europäischen Schulterschluss – etwa bei der Abschaffung der Zollfreigrenze oder bei der Einführung einer Paketabgabe“, sagt Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP).

Treibhausgase

Die neuen Gesetzesvorschläge sind ein wichtiger Schritt für die Umwelt. Die Modeindustrie verursacht nicht nur zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, sie ist auch für 35 Prozent des gesamten Mikroplastiks im Meer verantwortlich. So landen rund eine halbe Million Tonnen Mikroplastik jährlich im Meer. 

Außerdem wird nur rund ein Prozent der getragenen Kleidung tatsächlich recycelt.

Shein und Temu könnten rechtliche Schritte prüfen - es ist auf europäischer Ebene damit zu rechnen. Auch Chinas Regierung könnte noch intervenieren. Schließlich richtet es sich vorrangig gegen chinesische Plattformen.

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