Selenskij fordert Sanktionen gegen russische Atomindustrie

Der Präsident der Ukraine Wolodymyr Selenskij
Der Präsident der Ukraine warnt vor einer "radioaktiven Bedrohung für Europa".

Angesichts der Kämpfe um das AKW Saporischschja in der Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskij den Westen zu Sanktionen gegen Russlands Atomindustrie aufgerufen. Die Strafmaßnahmen müssten die Nuklearindustrie des Aggressor-Staates treffen, sagte Selenskij in einer am Samstagabend in Kiew verbreiteten Videoansprache. Die Atommacht Russland baut in mehreren Ländern Kernkraftwerke und lagert auch radioaktiven Müll bei sich.

Russland benutze das Atomkraftwerk im Süden der Ukraine, um die Menschen in Angst zu versetzen sowie um die ukrainische Führung und die ganze Welt zu erpressen. Kiew und Moskau werfen sich seit Tagen gegenseitig vor, für den Beschuss des größten Atomkraftwerks in Europa verantwortlich zu sein. Russland hat die weitläufige Anlage in der Stadt Enerhodar seit Monaten besetzt.

"Radioaktive Bedrohung für Europa"

Selenskij warf den russischen Truppen vor, das Gelände als Festung zu nutzen, um von dort auf die am anderen Ufer des Dnipro-Stausees liegenden Kleinstädte Nikopol und Marhanez zu schießen. Er warnte davor, dass der Aufmarsch russischer Truppen auf dem Areal des AKW "die radioaktive Bedrohung für Europa so erhöht wie es sie nicht einmal zu den schwierigsten Augenblicken der Konfrontation in den Zeiten des Kalten Krieges gab".

Weiter sagte Selenskij: "Natürlich muss es darauf eine harte Reaktion geben." Ukrainische Diplomaten und Vertreter der Partnerstaaten unternähmen nun alles, um Russlands Atomindustrie zu blockieren. Zugleich forderte der Präsident, die verantwortlichen Amtsträger des "Terrorstaates" durch die internationale Strafjustiz zur Verantwortung zu ziehen. Außerdem werde jeder russische Soldat, der das AKW beschieße oder sich dort verschanze, zum Ziel ukrainischer Geheimagenten und der Armee.

Das mit sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt größte Atomkraftwerk Europas wurde von russischen Truppen Anfang März besetzt. Es ist für die Stromversorgung des Landes von strategischer Bedeutung. Ende Februar war Russland in die Ukraine einmarschiert. Die Führung in Moskau und die Besatzungsbehörden in Saporischschja lehnen Forderungen ab, das AKW wieder unter ukrainische Kontrolle zu geben. Im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl ereignete sich 1986 das größte Atomunglück auf europäischen Boden.

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