Schwere Kämpfe: 300 Separatisten getötet
Bei schweren Kämpfen im Osten der Ukraine haben Regierungstruppen seit Dienstag nach Regierungsangaben mehr als 300 Separatisten getötet. Bei den Gefechten nahe Slawjansk seien zudem rund 500 Rebellen verletzt worden, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Aufseiten der Armee seien zwei Soldaten getötet und 45 verletzt worden. Von Separatistenseite war vorerst keine Bestätigung zu erhalten. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat Russlands Präsidenten Wladimir Putin zum Handeln aufgefordert, um die Gewalt in den Grenzregionen zu unterbinden.
Am Dienstagabend hatte eine Sprecherin der Aufständischen jedoch erklärt, die Zahl der Todesopfer "steigt beständig." Seit dem Wahlsieg des designierten Präsidenten Petro Poroschenko hat die ukrainische Armee ihren Einsatz gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes verstärkt. Die russische Regierung hat wiederholt ein sofortiges Ende der Gewalt und einen nationalen Dialog unter Einbeziehung der Rebellen gefordert. Die Regierung in Kiew lehnt es aber ab, mit den Separatisten zu verhandeln.
Obama warnt
US-Präsident Barack Obama warnt Russland unmissverständlich vor einer militärischen Bedrohung eines NATO-Staates in Ost- und Mitteleuropa. Angesichts der Annexion der Krim durch Russland beschwor Obama in Warschau die vertraglich geregelten Bündnispflichten der NATO: "Artikel 5 ist eindeutig - ein Angriff gegen einen ist ein Angriff gegen alle." Er fügte hinzu: "Als Alliierte haben wir die ernste Pflicht - eine bindende Vertragsverpflichtung - unsere territoriale Integrität zu verteidigen." Obama hatte am Vortag schon angekündigt, eine Milliarde Dollar (732,87 Millionen Euro) mobilisieren zu wollen, um befristet zusätzliche US-Truppen im einst kommunistischen Machtbereich Moskaus zu stationieren.
Bis zum Gipfel der führenden westlichen Industriestaaten (G-7) am Mittwochabend in Brüssel gab es vom US-Präsidenten kein öffentliches Zeichen, das Gespräch mit Putin suchen zu wollen.
Obama nannte den Anschluss der Krim an Russland unannehmbar. "Wir werden diese Annexion niemals akzeptieren", sagte er zum Gedenken an die ersten teilweise freien Wahlen in Polen am 4. Juni 1989. Das Votum wurde zu einem Triumph für die polnische Bürgerrechtsbewegung und die Gewerkschaft Solidarnosc.
Freiheit sei ein kostbares Gut, für das die Länder Ost- und Mitteleuropas einen hohen Preis hätten zahlen müssen. "Polen und auch Litauen und Rumänien werden niemals alleine stehen", sagte der Präsident. Vielmehr stünden an ihrer Seite mit den USA die stärkste Militärmacht der Welt und mit der NATO eine unzerstörbare Allianz. "Das sind nicht nur Worte, das sind unverbrüchliche Verpflichtungen", rief Obama. Die Stärke der NATO richte sich aber nicht als Bedrohung gegen ein anderes Land.
Putin gesprächsbereit
Auf dem neuen Tiefpunkt der Beziehungen mit den USA zeigt sich Kremlchef Wladimir Putin dagegen offen, am Rande der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in Frankreich mit Obama zu sprechen. Putin reagierte auf Obama mit Unverständnis. "Es ist seine Entscheidung, ich bin bereit zum Dialog", sagte er in am Mittwoch ausgestrahlten Auszügen aus einem Interview der französischen Sender Europe 1 und TF1. Er hoffe, dass die aktuelle Situation keine neue Etappe des Kalten Krieges darstelle.
Harsch kritisierte er die Politik Washingtons: "Es ist kein Geheimnis, dass die amerikanische Politik die aggressivste und härteste ist."
Merkel fordert
Obamas engste europäische Verbündete - die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron - werden mit Putin in Paris und bei der Feier in der Normandie den Dialog suchen.
Merkel hatte zuvor in einer Regierungserklärung in Berlin klar gemacht, dass Putin endlich seinen Einfluss in der Ostukraine geltend machen müsse, um Gewalt und Einschüchterung durch prorussische Separatisten Einhalt zu gebieten.
Bei dem zweitägigen Gipfel wollten die Staats- und Regierungschef eine gemeinsame Linie für den weiteren Umgang mit Russland festlegen und sich auf Hilfsmaßnahmen für die nahezu bankrotte Ukraine verständigen. Die Kanzlerin rechtfertigte den Ausschluss Russlands aus dem G-8-Kreis. Erstmals seit 16 Jahren kamen die G-7 ohne Russland zusammen. "Die G-8 sind eben nicht nur eine ökonomische Gemeinschaft, sondern sie sind auch eine Gemeinschaft, die Werte teilt", sagte sie.
Der G-7-Gipfel wurde erstmals von der Europäischen Union ausgerichtet. Nach der Krim-Annexion hatten die G-7 Putin aus ihrem Kreis ausgeschlossen und ein ursprünglich im russischen Sotschi geplantes G-8-Treffen abgesagt.
Zur Gipfelrunde gehören neben Merkel und Obama die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan. Gastgeber sind EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso. Neben der Ukraine-Krise geht es beim Gipfel auch um die Lage der Weltwirtschaft, Handelsfragen, Energiesicherheit und Entwicklungshilfe.
Poroschenko kündigt Friedensplan für Ukraine an
Der Ende Mai gewählte ukrainische Staatschef Petro Poroschenko will jetzt bei den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie am Freitag einen Friedensplan für sein Land vorstellen. Poroschenko sagte am Mittwoch nach Gesprächen mit US-Präsident Obama in Warschau, er werde den Plan während des Festakts zum D-Day auf Regierungsebene mit der Europäischen Union erörtern und dann bei seinem offiziellen Amtsantritt am Samstag öffentlich machen.
Der Friedensplan soll Poroschenko zufolge "Recht und Ordnung herstellen". Er sieht demnach außerdem eine dezentralisierte Machtverteilung, eine Amnestieregelung und die Vorbereitung von Kommunalwahlen vor.
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