Schwedendemokraten: Leberblümchen und Walhalla

Schwedendemokraten: Leberblümchen und Walhalla
Jimmie Akesson, Chef der Schwedendemokraten, hat die Partei aus der rechten Ecke geholt

Kurz vor der Wahl heute, Sonntag, wurde es noch einmal krachend laut um Jimmie Akesson, den Chef der Schwedendemokraten – im Fernsehen erklärte er, warum viele Einwanderer keine Jobs bekämen. „Das sind keine Schweden, sie passen nicht nach Schweden“. Seine Kontrahentin Annie Lööf, Parteivorsitzenden der liberalen Partei „Zentrum“, haute darauf vor Wut auf den Tisch. Der öffentlich-rechtliche Sender SVT distanzierte sich von Akessons Aussage. Der 39-jährige und seine SD wollen darauf den Sender wegen Parteilichkeit boykottieren.

Ein klassischer Konflikt – und eine der vielen Rollen des erfolgreichen Politikers – der unbeirrbare Anwalt der Schweden gegen das Establishment, das die wahren Probleme verdrängt. Und diese Rolle ist ein wichtiges Element seines Erfolgs. Bis zu 25 Prozent werden den Schwedendemokraten in den Umfragen prophezeit, mit denen niemand koalieren will; die einwanderungsskeptische Partei kann so die meisten Stimmen bekommen. Dem passionierten Klavier- und Golfspieler Akesson, der seit 2006 der Partei vorsteht, gelang es die anfangs rechtsextreme Bewegung auf bürgerlich zu trimmen. So wurde die Fackel als Parteizeichen entsorgt und das Leberblümchen in den Landesfarben als Logo eingeführt.

Im Jahr 2010 folgte dann der Einzug ins Parlament, 2014 erreichten die von anderen Parteien Verfemten 12,9 Prozent der Wähler. Durch das permanente politische Engagement konnte Akesson sein Studium der Politik und Volkswirtschaft in Lund bislang nicht abschließen. Da seine politischen Gegner die Partei aufgrund ihrer Vergangenheit schnitten, mieden sie auch das Thema Probleme um Migration und Integration – bis es nach der Flüchtlingskrise 2015 auf die Agenda kam.

„Betonparteien“

So selbstbewusst ist Akesson letztens geworden, dass er bei Wahlkampfveranstaltungen vor Lachen kaum weiter reden kann, wenn er auf den politischen Gegner, die „Betonparteien“ zu sprechen kommt. Und das Publikum, das er wiederholt als „Schwedenfreunde!“ anspricht, lacht mit. Gut Lachen hat er auch, da sich die politischen Gegner einigen seiner Forderungen angeschlossen haben. Die Ausländerpolitik der konservativen Moderaten ist von der der Schwedendemokraten kaum zu unterscheiden. Nur bei dem Referendum für einen EU-Austritt mag keiner mitziehen.

Zugleich gibt sich Akesson als gesellschaftlicher Visionär. In seinem aktuellen Buch „Das Moderne Volksheim“ verspricht er, das alte Schweden zurück zu holen. Seinem vierjährigen Sohn lese er jeden Abend von Astrid Lindgren vor, die er als „nationalromantisch“ und wichtigen Teil des „Kulturerbes“ ansieht.

Bislang hat er Skandale wie rechtsextremistische Äußerungen seiner Parteimitglieder, Vorwürfe die Partei autoritär zu leiten und sogar den Parteiaustritt der Schwiegermutter gut überstanden. Das Dauerfeuer seiner Gegner lies die Öffentlichkeit zunehmend kalt.

Gleichzeitig hält er das rechtsradikale Milieu bei der Stange. So lässt er sich mit der Rechtsband „Ultima Thule“ ablichten und tritt bei ihren Konzerten auf, wo sie die Götterdämmerung besingen. Doch welche Rolle wird er nach der Wahl spielen? Bislang hat der begabte Rhetoriker noch kein Amt bekleidet, und die anderen Parteien wollen – zumindest offiziell – ,dass dies so bleibt. Doch wird er schon lange als Königsmacher gehandelt, das heißt, er kann eine konservative Minderheitsregierung dulden und dabei teilweise seine Politik durchsetzen.

Mitschitz (ORF) über die Schweden-Wahl

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