Herausforderer Duda geht als Favorit in die Stichwahl
Andrzej Duda verlor keine Zeit. Schon am Montag um sieben Uhr Früh stand der Politiker mit dem Schwiegersohnlächeln vor der U-Bahn-Station "Centrum" in Warschau und verteilte Kaffee an die Werktätigen. "Machen wir uns an die Arbeit", rief er ihnen gut gelaunt zu. Nicht ohne zu erwähnen, dass es viele Menschen gebe, die keine Arbeit haben – als Präsident werde er sich darum kümmern.
Entgegen allen Umfragen hat der Kandidat der nationalkonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) am Sonntag die erste Runde der Präsidentschaftswahlen gewonnen. Er erzielt nach letzten Hochrechnungen 34,5 Prozent. Amtsinhaber Bronislaw Komorowski, der aus der Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO) stammt, liegt mit 33,1 Prozent auf dem zweiten Platz. Zwischen beiden Kandidaten kommt es am 24. Mai zu einer Stichwahl – das liberale Polen steht gerade unter Schock.
Denn somit ist der ehemalige Premier Jaroslaw Kaczynski wieder im Spiel, der den bis vor Kurzem unbekannten Duda für die Wahl nominiert hatte. Kaczynski stellte sich schon am Wahlabend vor dem Präsidentenpalast in Positur und verkündigte: "Man muss den Mieter des Präsidentenpalasts auswechseln – der Reinheit unserer Republik wegen!"
PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski regierte das Land zwischen 2005 und 2007, wobei er im Begriff war, einen autoritären Staat zu schaffen. Er wollte eine Abrechnung mit dem Kommunismus und postkommunistischen Seilschaften. Auf EU-Ebene geriet Polen zu einem unberechenbaren Partner. Seit dem Wahlsieg von Donald Tusk im Herbst 2007 regiert die Bürgerplattform (PO).
TV-Duell
Der 62-jährige Bronislaw Komorowski nahm zwar das Wahlergebnis als "ernsthafte Warnung" zur Kenntnis und kündigte an, sich mit Duda in einem TV-Duell messen zu wollen. Doch müsste er an seinem Auftreten feilen. Der geborene Graf vergraulte wohl viele Wähler durch sein abgehobenes Auftreten. Teilweise demonstrierte er auch Nichtkenntnis über die Kompetenzen seines Amtes. Nur 49 Prozent der Polen bequemten sich zu den Urnen. Die Hauptaufgaben eines polnischen Präsident liegen im Entscheiden über Gesetzesentwürfe sowie in der Führung der Streitkräfte im Verteidigungsfall. Letzteres liegt dem studierten Historiker Komorowski angesichts der Ukraine-Krise besonders am Herzen.
Als Höhepunkte seiner Amtszeit gelten der Besuch von US-Präsident Barack Obama, der dem NATO-Land Polen seinen Beistand garantierte, sowie die kürzlich beschlossene Anschaffung von US-Patriot-Raketen. Noch am Sonntag nannte Wladimir Putin Polen einen "Helfer Hitlers".
Der promovierte Jurist Andrzej Duda widerspricht Komorowski in der Einschätzung Russlands als ein gefährlicher Nachbar nicht. Locken aber konnte der 42-Jährige seine Wähler vor allem mit sozialpolitischen Versprechungen. Auch verstand er es, auf der emotionalen Ebene die Menschen besser anzusprechen.
So wie der Rocksänger Pawel Kukiz, der erst vor Kurzem das T-Shirt gegen das gebügelte Oberhemd eingetauscht hatte. Trotz minimaler finanzieller Mittel und dank vieler begeisterter Fans erreichte er aber immerhin 20,5 Prozent der Stimmen. Er setzt sich für ein Mehrheitswahlrecht bei den Parlamentswahlen ein, um den Parteieneinfluss zu minimieren, und nennt sich einen "Verbindungsmann" der unzufriedenen Nation, über die hinwegregiert werde.
Komorowski verkündete nun am Montag, einem Referendum über das Mehrheitswahlrecht stattzugeben, was Experten als übereilte Aktion ansehen. Kuzik reagierte sofort – er gab seinen Anhängern via Facebook bekannt, diesem Angebot nicht zu vertrauen. Weitere Schnitzer kann sich Komorowski nun nicht mehr leisten.
Im Herbst stehen in Polen Parlamentswahlen an – auch Premierministerin Ewa Kopacz fehlt es derzeit an Rückhalt.
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