Russischer Botschafter: Gehässige Kommentare zu Österreichs Außenpolitik

Russischer Botschafter: Gehässige Kommentare zu Österreichs Außenpolitik
Polemik gegen die "Lieblingsthese" von Interimskanzler Schallenberg.

Russlands Botschafter in Wien, Dmitri Ljubinski, hat zuletzt wiederholt gehässige Kommentare zur aktuellen Außenpolitik Österreichs in sozialen Netzwerken veröffentlicht und ihr im Zusammenhang mit Ukraine-Solidarität eine "völlige und hoffnungslose Loslösung" von der Realität vorgeworfen. 

Die bilateralen Beziehungen könnten nur mit einer eigenständigen Außenpolitik Wiens gesunden, hatte er zudem kurz vor dem Scheitern von den FPÖ-ÖVP-Regierungsverhandlungen erklärt.

Am Freitagabend reagierte Ljubinski etwa auf eine Veröffentlichung von Alexander Schallenberg (ÖVP). Der amtierende Bundeskanzler und Außenminister hatte nach dem öffentlichen Streit von US-Präsident Donald Trump mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf X eine Erklärung seines Außenministeriums verbreitet, in der Russland als Aggressor bezeichnet und eine Unterstützung von Bemühungen der Ukraine für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden zum Ausdruck gebracht wurden. "Sehr interessant. Gilt die Lieblingsthese von A. Schallenberg, der seinen baldigen Rückzug aus allen Funktionen angekündigt hat, auch ausgerechnet heute und jetzt auch für den abgelaufenen Selenskyj?", schrieb der russische Botschafter auf Facebook.

Kritik an österreichischer Erinnerung an Krim-Besetzung durch Russland

Mit "Völlige und hoffnungslose Loslösung der österreichischen Außenpolitik von der Realität" hatte der Diplomat auf Facebook zwei Tage zuvor eine Erklärung des österreichischen Außenministeriums zum 11. Jahrestag der beginnenden Annexion der Halbinsel Krim kommentiert. Das österreichische Außenamt hatte die russische Besetzung der Krim von 2014 als "illegal" verurteilt und die Krim wie die seit 2022 von Russland in unterschiedlichen Ausmaßen besetzten ukrainischen Regionen von Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja als Ukraine bezeichnet.

Kritik übten Botschafter und Botschaft zuletzt auch wiederholt an österreichischen Medien, die Gastkommentare und Leserbriefe nicht veröffentlichen würden. "Uns ist schon lange absolut klar, dass der mediale österreichische Mainstream die wahren Gründe und Voraussetzungen des Konflikts in der Ukraine ignoriert", hieß es in einem zunächst unveröffentlichten Text, der schließlich auf Facebook veröffentlicht wurde. Ljubinski wiederholte darin eine bekannte Darstellung des offiziellen Russlands, die als Wurzel des Übels vor allem den ukrainischen Euromaidan von 2013/2014 und seine Folgen sehen.

TASS-Korrespondenten ausgewiesen

Ebenso zunächst unveröffentlicht blieb ein Leserbrief an ein österreichisches Wochenmagazin, in dem sich der Botschafter im Zusammenhang mit der Ausweisung von zwei Korrespondenten der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS im vergangenen Sommer mit Pressefreiheit in Österreich beschäftigte. Die beiden seien zufällig oder nicht zufällig des Landes verwiesen worden, nachdem sie erfolglos versucht hätten, sich für eine Pressekonferenz des damaligen US-Außenministers Antony Blinken anzumelden. Diese Ausweisung sei still erfolgt und habe in Österreich für kein mediales Interesse gesorgt, klagte Ljubinski. Was er unter "mediales Interesse" versteht, führte der Diplomat nicht aus. Im digitalen Medienarchiv der APA finden sich im Zusammenhang mit dem Vorgang etwa 50 österreichische Publikationen aus dem vergangenen Jahr, in denen die von einer "negativen Sicherheitseinschätzung" betroffenen TASS-Korrespondenten Arina Dawidjan und Iwan Popow namentlich erwähnt wurden.

Verschlechterung der bilateralen Beziehungen

Gegenüber russischen Medien wiederholte der Botschafter indes seit 2022 immer wieder artikulierte Vorwürfe, die alleinig die österreichische Seite für die Verschlechterung der bilateralen Beziehungen verantwortlich machte. "In welchem Ausmaß und wie bald ihre Gesundung (der Beziehungen, Anm.) gelingen kann, hängt nur von Wien ab und seiner Fähigkeit eine eigenständige außenpolitische Linie mit Berücksichtigung der Interessen der Bürger zu vertreten", sagte Ljubinski Anfang Februar kurz vor dem Scheitern von FPÖ-ÖVP-Regierungsverhandlungen der Wien-Korrespondentin der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti.

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