Rumänische Regierungschefin schießt aus vollen Rohren gegen EU

Romanian Prime Minister Dancila tdelivers a speech during a debate on the rule of law in Romania at the European Parliament in Strasbourg
Regierungspartei PSD überlegt, jüngsten Prüfbericht der EU-Kommission beim EuGH anzufechten.

Das desolate Zeugnis, das EU-Kommission und -Parlament den rumänischen Behörden am Dienstag ausgestellt haben, eckt bei letzteren gewaltig an. Die Spitzenpolitiker der sozialliberalen Regierungskoalition setzen als Reaktion zurzeit geschlossen auf eine eklatant europafeindliche Rhetorik - allen voran Regierungschefin Viorica Dancila, die den jüngsten Prüfbericht der Kommission und dessen Auflagen als "Einmischung in die inneren Angelegenheiten" bezeichnete.

Der Bericht habe sie "zutiefst enttäuscht und empört", weil er "den Standpunkt" der rumänischen Behörden "überhaupt nicht berücksichtigt" habe". Sie werde "nicht länger akzeptieren", dass Rumänien "stets nur gescholten wird", sagte die telefonisch zugeschaltete Ministerpräsidentin am späten Dienstagabend einem regierungsnahen TV-Sender. Der Prüfbericht stelle eine "gravierende Einmischung in die inneren Angelegenheiten" des Landes dar, niemand habe das Recht, "in Verfahren zur Abberufung oder Ernennung von Staatsanwälten einzugreifen", so Dancila. Der Bericht der EU-Kommission hatte insgesamt acht neue Vorgaben enthalten, darunter auch die sofortige Einstellung des Abberufungsverfahrens gegen den amtierenden Generalstaatsanwalt. Auch die Entschließung des EU-Parlaments verriss Dancila als "höchst ungerecht und politisch motiviert".

Der Chef des für die umstrittene Justiz- und Strafrechtsnovelle zuständigen parlamentarischen Sonderausschusses, Florin Iordache (Postsozialisten - PSD), geißelte die "absurden Vorgaben" der EU-Kommission - "unbekannte" Bürokraten würden Rumänien vorgeben, "wie das Land längst in Kraft getretene Gesetze" zu ändern habe. Der PSD-Fraktionschef im Oberhaus, Serban Nicolae, mokierte sich indes über die Entschließung des Europäischen Parlaments und dessen Empfehlungen: Man werde ihnen "mit dem gleichen Respekt wie Ungarn nachkommen", so Nicolae.

FILE PHOTO: Thousands gather to protest against the Romanian government in the streets of Bucharest

Wie rumänische Medien am Mittwochvormittag unter Berufung auf regierungsnahe Kreise berichteten, überlegen die regierenden Postsozialisten zurzeit sogar, den äußerst kritischen Kommissionsbericht beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) anzufechten. Die Regierung soll ihren Justizminister bereits damit beauftragt haben.

Staatspräsident Klaus Johannis hob indes in einer ersten Reaktion hervor, dass "diese Regierung sich leider weder für Europa noch für ihre eigenen Bürger interessiert". Ihr Ziel sei es einzig, den vorbestraften PSD-Chef Liviu Dragnea "vor der Haft sowie weiteren strafrechtlichen Ermittlungen zu bewahren". Der Chef der oppositionellen Liberalen, Ludovic Orban, sprach seinerseits von "einem Clan politischer Halunken, der einen ganzen Staat gefangen hält". Die restlichen Oppositionsfraktionen kündigten an, gemeinsam mit den Liberalen auf einen umgehenden Misstrauensantrag gegen die Regierung Dancila hinzuarbeiten.

Reaktionen auf Prüfbericht der Kommission und Entschließung des EU-Parlaments gab es auch vonseiten des Justizsystems. Generalstaatsanwalt Augustin Lazar bot Exekutive und Legislative die Hilfe seiner Behörde zwecks Umsetzung der Empfehlungen der Venedig-Kommission an. Ein langjähriges Mitglied des Justizrates, Richter Cristian Danilet, verwies Regierung und Parlamentsmehrheit unterdessen darauf, dass laut einem 2012 gefällten Urteil des Verfassungsgerichts Rumäniens die "Empfehlungen der Prüfberichte der EU-Kommission im Rahmen ihres Kooperations- und Kontrollmechanismus (CVM) für die rumänischen Behörden zwingend" sind.

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