Rouhani-Besuch in Österreich soll Gemäßigte im Iran stärken

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Wien will sich für Erhalt des Atomabkommens einsetzen. Scheitern würde kritische Lage in Nahost weiter verschärfen.

Bei allen Vorbehalten Österreichs gegenüber der Politik der Islamischen Republik Iran soll der bevorstehende Besuch des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani am 4. Juli nicht zuletzt dazu dienen, den gemäßigten Kräften in Teheran den Rücken zu stärken.

Rouhani steht derzeit unter wachsendem Druck der Hardliner in seinem Land, nachdem sich die Hoffnungen auf einen wirtschaftlichen Aufschwung nach Abschluss des Wiener Atomabkommens von 2015 für die meisten Iraner nicht erfüllt haben.

Nach der Aufkündigung des Atom-Deals durch US-Präsident Donald Trump und dessen Bemühungen, die Ölexporte des Iran so weit wie möglich zu unterbinden, droht sich die Lage der moderaten Kräfte in Teheran weiter zuzuspitzen. Nicht zuletzt unter diesem Gesichtspunkt bemühen sich die Mitunterzeichner Deutschland, Großbritannien und Frankreich, das Abkommen zu erhalten.

Atomdeal erfüllt

Der Iran, der nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA bisher alle Verpflichtungen aus dem Wiener Atomabkommen von 2015 erfüllt hat, drängt die Europäer zum Teil ultimativ dazu, ihr in Aussicht gestelltes wirtschaftliches Engagement in der Islamischen Republik auch tatsächlich umzusetzen. Ansonsten würde Teheran das Abkommen als hinfällig betrachten.

Allerdings müssen europäische Unternehmen, die mit dem Iran Geschäfte machen wollen, damit rechnen, Schwierigkeiten in den USA zu bekommen. Auch die OMV hat mehrere Absichtserklärungen für die Entwicklung von Öl- und Gasfeldern im Iran unterzeichnet. Man sei dabei, die politische Situation weiter zu beobachten, hieß es dazu im Mai seitens des Konzerns.

Aus der Sicht des Iran sind die bisherigen europäischen Bemühungen zur Rettung des internationalen Atomabkommens jedoch nicht ausreichend. "Wenn das so weitergeht, werden alle verlieren", sagte kürzlich der Chef der iranischen Behörde für Atomenergie, Ali Akbar Salehi.

Vorbereitung für erneute Urananreicherung

Der oberste Führer, Ayatollah Ali Khamenei, hatte Anfang Juni die staatliche Atomorganisation des Iran aufgefordert, ab sofort mit den Vorbereitungen für eine Wiederaufnahme der unbegrenzten Urananreicherung zu beginnen. Israel drohte wiederum mit Angriffen auf iranische Atomanlagen.

Das in Wien zwischen den USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland mit dem Iran nach jahrelangen Verhandlungen abgeschlossene Atomabkommen galt vielen zwar als nicht perfekt. Allerdings konnte damit eine Eskalation der Spannungen zwischen Teheran und dem Westen verhindert und zumindest für einige Jahre dem Iran der Weg zum Bau einer Atombombe versperrt werden.

So war es auch der damalige Bundespräsident Heinz Fischer, der Rouhani nach Abschluss des Abkommens gratulierte und Anfang September 2015 als erstes Staatsoberhaupt eines EU-Landes seit 2004 die Islamische Republik Iran besuchte. Fischer war dabei von einer großen Wirtschaftsdelegation begleitet worden.

BUNDESKANZLER KURZ IN ISRAEL: TREFFEN MIT PREMIER NETANYAHU

Gratwanderung zwischen Iran und Israel

Auch für den jetzigen Bundespräsidenten Alexander van der Bellen geht es laut Präsidentschaftskanzlei darum, "die Bemühungen der EU um eine Bewahrung des Atomabkommens mit dem Iran zu unterstützen". Für Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist der Besuch Rouhanis eine heikle Gratwanderung. Auch er ist für den Erhalt des Atom-Deals. Bei seinem kürzlichen Besuch in Israel hatte er den Schutz des jüdischen Staates zur österreichischen "Staatsräson" erklärt.

Die Führung in Teheran hat sich allerdings die Vernichtung des "zionistischen Gebildes" - Israel - auf die Fahnen geschrieben. Khamenei und andere Exponenten des iranischen Regimes bezeichnen das Land regelmäßig als "Krebsgeschwür". Israel lehnt wie US-Präsident Trump den Atom-Deal mit Teheran vehement ab.

Israel besorgt über Besuch

Israel habe "Besorgnis über den Besuch ausgedrückt", berichtete die "Jerusalem Post" (Onlineausgabe) unter Berufung auf nicht näher genannte diplomatische Kreise. Scharf äußerte sich der Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff. "Hätten sie auch Hitler eingeladen, wenn sie gewusst hätten, was er tun wird", sagte der israelische Nazi-Jäger. Das iranische Regime sei nämlich "ein terroristisches Schurkenregime, das es auf die Vernichtung Israels abgesehen hat". "Die Einladung an Rouhani steht in krassem Gegensatz zur Sorge, die Kurz für die israelische Sicherheit ausgedrückt hat", spielte Zuroff auf die Aufsehen erregenden Aussagen von Bundeskanzler Kurz bei dessen Israel-Besuch vor drei Wochen an. 

Kurz versicherte gegenüber der APA im Zusammenhang mit der Visite, als "selbstverständlich, dass ich die Sorgen und das Sicherheitsbedürfnis Israels sehr ernst nehme. Ich werde die Rolle des Irans in der Region daher auch klar ansprechen. Ebenfalls werde ich deutliche Worte zur Menschenrechtssituation finden."

Die Menschenrechtslage im Iran weiterhin katastrophal, zahlreiche Regimekritiker sitzen im Gefängnis, die Zahl der Hinrichtungen ist hoch. Die mächtigen Revolutionsgarden betreiben nach wie vor ihr ehrgeiziges Rüstungsprogramm, wobei besonders die weitreichenden Raketen dem Westen, Israel, und auch Saudi-Arabien ein Dorn im Auge sind.

Dazu kommt die von vielen Beobachtern und Kritikern als expansionistisch eingestufte Politik Teherans. Der Iran unterstützt die syrischen Regimetruppen, die libanesische Hisbollah, die jemenitischen Houthi-Rebellen und hat militärische Berater im Irak stationiert. Israel und Saudi-Arabien sehen im Iran ihren Erzfeind. Die Trump-Administration unterstützt kräftig alle Bestrebungen, den Einfluss des Iran zurückzudrängen.

Sollten Präsident Rouhani und seine Regierung stürzen, könnte eine Rückkehr von Kräften drohen, wie sie einst der frühere Präsident Mahmoud Ahmadinejad verkörperte. Deswegen ist es im Interesse vor allem der Europäer, dass das Atomabkommen nicht platzt und eine noch kritischere Lage im Nahen Osten entstehen könnte, als sie ohnehin schon ist.

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