Ärger, Verwirrung, Gelächter: Merkel-Berater geht zur Bahn
Ronald Pofalla hatte schon im vergangenen Jahr keinen leichten Stand bei den Deutschen: Nach Auffliegen des NSA-Skandals hatte der Kanzleramtsminister ihnen versucht klarzumachen, dass die Sache nach einem Vermittlungsgespräch mit den USA erledigt sei – er erklärte die Affäre kurzerhand für "beendet". Blöd nur, dass einige Zeit danach aufflog, dass die USA auch das Handy seiner Chefin abhörte – beendet war damit gar nichts.
Jetzt steht Pofalla erneut im Zentrum einer hitzigen Debatte: Wie bekannt wurde, erwägt der engste Berater Angela Merkels einen Wechsel in den Vorstand der Deutschen Bahn. Empörung kommt von allen Seiten: SPD, Grünen und Linkspartei bewerteten die Personalie am Freitag negativ. Auch die Antikorruptionsorganisation Transparency International schloss sich umgehend der Kritik an.
"Das hat ein Geschmäckle"
Pofalla selbst, der in der Bahn ein eigens für ihn geschaffenes Ressort übernehmen soll, hat bislang zu der Kritik an seinen Karriereplänen keine Stellung bezogen – ebenso wie seine ehemalige Chefin Angela Merkel. Die Bahn wollte den Bericht über Pofallas Bestrebungen weder bestätigen noch dementieren. Seinen Kanzleramtsposten hatte der 54-Jährige jedenfalls zur Verfügung gestellt: Er hatte die Position Ende des Jahres geräumt und angekündigt, er wolle nur sein Bundestagsmandat behalten.
Donnerstagabend in Deutschland: Das ganze Land ist eine Satirezeitschrift. Ronald Pofalla, ehemals Minister für Kanzleramtsfragen unter Angela Merkel und ob seiner NSA-Aussagen wohl eines der umstrittensten Mitglieder ihres Kabinetts, soll dem Vernehmen nach in den Vorstand der Deutschen Bahn wechseln – glaubt man zumindest einige Stunden.
Zuallererst vermeldet es die Saarbrücker Zeitung, später bestätigt es die Deutsche Presseagentur. Pofalla wechselt, kein Zweifel. Die Empörung wächst, man ärgert sich in der deutschen Twitter-Welt über den Umstand, dass Pofalla vom Polit-Ausgedinge in die höchsten Sphären des Geldverdienens aufsteigen soll – nur wegen seiner Kontakte.
Kurz danach twittert die Satireseite Der Postillon die Meldung nochmals. Mit einer bedeutenden Klammer: „(Meldung vom 1.1.)“ ist dort zu lesen. Die Empörung weicht Erstaunen – und abermals Empörung: Die Meldung, ein Fake? Klickt man auf den Link, erscheint der Postillon-Artikel, datiert auf dem ersten Tag des neuen Jahres. Erschienen einen Tag, bevor alle seriösen deutschen Medien die Meldung kolportiert haben.
Der Postillon hat natürlich alle Lacher auf seiner Seite: Man amüsiert sich darüber, wie eine Satireseite die gesamte deutsche Medienlandschaft vorgeführt hat. Sogar Grünen-Vorsitzende Karin Göring-Eckardt schenkt der Meldung glauben; Twitter-User fragen oberlehrerhaft, ob es denn schon Entlassungen gebe. Der Berliner Zeitung berichtet schlussendlich sogar, dass die Meldung auf dem Postillon-Mist gewachsen sei.
Einige Zeit später ist die Twitter-Welt dann wieder erstaunt: Sieht man sich die Entstehungsgeschichte der Meldung nämlich genauer an, kommt heraus, dass der Postillon seinen Artikel schlicht zurückdatiert hat. Aus dem Witz über Pofalla wurde so ein Witz über die Medien – im doppelten Sinne.
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