Regierungskreise bestätigen BND-Spionage gegen Türkei

Eine Person blickt durch ein Fernglas, in dem ein silbernes Auto zu sehen ist.
"Kernland" der Beobachtung des deutschen Nachrichtendienstes - Ankara kündigt Prüfung an.

Deutsche Regierungskreise haben laut einem Zeitungsbericht das Ausspähen des NATO-Partners Türkei durch den Bundesnachrichtendienst ( BND) bestätigt. Dies verstoße aber nicht gegen das Diktum von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass Ausspähen unter Freunden nicht gehe, hieß es aus den Kreisen gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Es sei "in den vergangenen Jahren nie behauptet" worden, "dass eine solche Haltung für alle Nato-Staaten gilt". Die Türkei sei nicht mit den USA oder europäischen Partnern vergleichbar.

Was in der Türkei geschehe, habe demnach unmittelbare Bedeutung für die innere Sicherheit Deutschlands. Das reiche von den Aktivitäten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) oder links- und rechtsextremistischer türkischer Gruppen in Deutschland über den Drogenschmuggel bis hin zur Schleuserkriminalität. Auch sei bekannt, dass die türkische Regierung versuche, politische Ziele über türkische Vereine und Verbände in Deutschland durchzusetzen. In Deutschland leben rund drei Millionen Türkischstämmige.

Türkei "Kernland" der Beobachtung

Nach Informationen des Blatts gehört die Türkei zu den "Kernländern" der BND-Beobachtung. Gegen diese Länder dürften nachrichtendienstliche Mittel wie etwa Abhörmaßnahmen eingesetzt werden. Andere Länder werden im Auftragsprofil der Regierung demnach als "Monitoring-Staaten" geführt, über die nur offen verfügbare Informationen gesammelt werden dürften.

Ein Regierungsvertreter in Ankara hat unterdessen eine gründliche Prüfung der Vorwürfe angekündigt. Die Berichte müssten "ernstgenommen werden", sagte der Vize-Vorsitzende der regierenden AKP, Mehmet Ali Sahin, am Sonntag. Die türkische Regierung und das Außenministerium würden die nötigen Untersuchungen zu den Vorwürfen anstrengen.

Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) hat Medienberichten zufolge die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton abgehört. Zudem habe die Bundesregierung angeordnet, einen Nato-Partner auszuspionieren, berichtete die Süddeutsche Zeitung am Freitag nach gemeinsamen Recherchen mit NDR und WDR.

"Idiotie"

Die Medien beriefen sich auf Unterlagen, die der im Juli verhaftete mutmaßliche Spion im BND an die USA übergeben haben soll. Regierungsinsider hätten dazu erklärt, das Clinton-Gespräch sei nur zufällig aufgefangen worden. Dass die Aufzeichnung nicht sofort vernichtet worden sei, sei eine „Idiotie“ gewesen.

Die deutsche Regierung lehnte auf Anfrage eine Stellungnahme unter Hinweis auf das laufende Verfahren gegen den aufgedeckten Spion Markus R. ab. Dieser hat dem Zeitungsbericht zufolge dem US-Geheimdienst CIA auch das Auftragsprofil der Bundesregierung (APB) für den deutschen Geheimdienst übergeben. Darin sei festgelegt, welche Themen für den BND Vorrang haben und welche Länder er ausspionieren soll. Zwar sollen sich die USA nicht darunter befinden, wohl aber ein anderer Nato-Verbündeter.

Dem Bericht zufolge haben die USA damit begonnen, die von Markus R. verratenen Informationen im Streit über die amerikanischen Spionage-Aktivitäten in Deutschland zu nutzen. Der Fall Clinton werde dabei als Beleg dafür genommen, dass auch die Bundesrepublik die USA ausspioniert hätten. US-Außenminister John Kerry habe seinen deutschen Kollegen Frank-Walter Steinmeier auf den Vorgang angesprochen. Auch der Stabschef von Präsident Barack Obama habe während eines Besuches be Kanzleramtsminister Peter Altmeier darauf hingewiesen.

Berlin hatte sich massiv verärgert über die vom ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden aufgedeckten US-Geheimdienstaktivitäten gezeigt. Demnach sollen die US-Behörden nicht nur die Kommunikation zahlreicher Bundesbürger überwacht, sondern auch das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört haben.

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