Proteste und Ausschreitungen in mehreren Ländern Europas

FRANCE-POLITICS-SOCIAL-DEMO
Demonstrationen in Frankreich, Spanien, Serbien, Albanien, Montenegro und Deutschland.

In mehreren Ländern Europas haben am Samstag Demonstrationen und teils gewaltsame Proteste stattgefunden. In Frankreich, Spanien, Serbien, Albanien, Montenegro und auch Deutschland gingen die Menschen auf die Straße, um gegen die Regierungspolitik ein Zeichen zu setzen.

Drei Monate nach Beginn der "Gelbwesten"-Proteste beteiligten sich in Frankreich erneut zehntausende Menschen an Kundgebungen gegen die französische Regierung. In Paris, Lyon und Bordeaux setzten die Behörden am Samstag Tränengas ein, nachdem sie von Demonstranten angegriffen und Mülltonnen in Brand gesetzt worden waren. Insgesamt kamen erneut weniger Menschen zu den Protesten, die Polizei sprach am Abend von rund 41.500 Teilnehmern. Vor einer Woche waren es noch rund 50.000, auf dem Höhepunkt im November mehr als 300.000. Seit dem 17. November demonstrieren die "Gelbwesten" jeweils am Samstag, vor allem gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron. Die Proteste entzündeten sich zunächst an Plänen der Regierung zur Erhöhung der Benzinpreise. Später dann ging es um Macrons Wirtschaftspolitik insgesamt.

Gewaltsame Proteste wurden am Samstag auch in der albanischen Hauptstadt gemeldet. Tausende demonstrierten in Tirana gegen den sozialistischen Ministerpräsidenten Edi Rama. Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Demonstranten vor, als diese die Absperrungen vor dem Regierungssitz durchbrachen, wie AFP-Reporter berichteten. Eine Gruppe drang bis zu dem Gebäude vor, in dem sich Rama allerdings nicht aufhielt.

Rund hundert Demonstranten bewarfen den Regierungssitz mit Rauchbomben und Steinen, mehrere Fensterscheiben gingen dabei zu Bruch. Fünf Polizisten und etwa zehn Demonstranten und Journalisten mussten wegen Verletzungen im Krankenhaus behandelt werden. Die meisten von ihnen klagten über Atemprobleme, wie das albanische Gesundheitsministerium mitteilte. "Die Lage ist außer Kontrolle", sagte Oppositionsführer Lulzim Basha von der Demokratischen Partei, der an der Kundgebung teilnahm. Er warf der Polizei vor, sie habe Gewalt provozieren wollen.

In Belgrad gingen am Samstag erneut tausende Menschen auf die Straße, um gegen die Regierung des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic zu demonstrieren. Den elften Samstag in Folge forderten sie freie Medien und faire Rahmenbedingungen für Wahlen. Im Mittelpunkt des jüngsten Protests stand ein symbolischer Vertrag, den das Oppositionsbündnis Allianz für Serbien mit den Bürgern abschließen will. Der Vertrag beinhaltet Verpflichtungen für das Bündnis, sollte es durch den Wählerwillen an die Macht kommen. Die Teilnehmer des Protests konnten Formulare mit dem Vertragstext unterschreiben und bei Aktivisten abgeben. Die Allianz umfasst Parteien von links bis ganz rechts.

Seit knapp drei Monaten richten sich die Demonstrationen gegen ein Klima der Gewalt durch Hetze gegen Andersdenkende und kritische Journalisten in Serbien. Zu Themen der Proteste wurden auch die Korruption im Umfeld des Präsidenten und die Einschränkung der Medienfreiheit. Gegen die Vucic-Regierung gingen am Freitag und Samstag auch Menschen in etlichen anderen Städten Serbiens auf die Straße, so etwa in Subotica, Kragujevav, Kraljevo und Uzice.

Auch in Montenegro kam es zu Protesten. Demonstranten versammelten sich vor der Staatsanwaltschaft, um ihre Unzufriedenheit mit der Justiz kundzutun und begaben sich anschließend zum Sitz der regierenden Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS) von Präsident Milo Djukanovic. Die unaufgeklärte Finanzaffäre um den geflüchteten montenegrinischen Geschäftsmann Dusko Knezevic, Chef der Atlas-Gruppe, der mutmaßlich die Regierungspartei und Djukanovic finanzierte, sorgt seit Jahresbeginn für Aufregung in dem Land.

In Barcelona gingen aus Protest gegen den Prozess gegen zwölf katalanische Unabhängigkeitsführer am Samstag nach Polizeiangaben 200.000 Menschen auf die Straße. "Selbstbestimmung ist kein Verbrechen", stand auf einem großen Banner. Angeführt wurde der Protestzug von dem katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra. Die Organisatoren sprachen von 500.000 Teilnehmern. Die Demonstranten schwenkten die Fahne der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung und trugen Banner mit der Aufschrift "Freiheit für politische Gefangene".

Zwölf Anführern der Unabhängigkeitsbewegung wird seit Dienstag vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid der Prozess gemacht, ihnen drohen langjährige Haftstrafen. Dem ehemaligen Vize-Regionalpräsidenten Kataloniens, Oriol Junqueras, sowie elf weiteren Unabhängigkeitsführern wird vorgeworfen, im Oktober 2017 ein von der spanischen Justiz als illegal eingestuftes Unabhängigkeitsreferendum organisiert zu haben. Der damalige Regionalpräsident Carlos Puigdemont erklärte im Anschluss die Loslösung Kataloniens von Spanien.

Nach dem Vorbild der französischen "Gelbwesten" demonstrierten außerdem in vielen deutschen Landeshauptstädten die "Bunten Westen". Addiert man die Angaben von Polizei und Beobachtern, versammelten sich am Samstag rund 2.000 Menschen bei den Protestkundgebungen in ganz Deutschland. Die Aktion "Bunte Westen" fordert deutschlandweit bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bildung und Pflege. Zu den Demonstrationen in 14 Städten unter dem Motto "Wir sind Viele. Wir sind vielfältig. Wir haben die Schnauze voll!" hatte die Sammelbewegung "Aufstehen" der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht aufgerufen.

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