Flugzeug-Abschuss: Wut in Teheran, Rufe nach Khameneis Rücktritt
Nach dem Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine mit 176 Toten am Mittwoch wächst der innenpolitische Druck auf das iranische Regime. Das Regime hatte bis Freitagabend vehement geleugnet, für den Abschuss verantwortlich zu sein. Erst gestern kam das Eingeständnis des iranischen Militärs, das Flugzeug "unbeabsichtigt" abgeschossen zu haben. An Bord der Maschine befanden sich zahlreiche Iraner.
Das iranische Parlament soll nun die Vorgänge rund um den Abschuss der Passagiermaschine untersuchen. Das Eingeständnis des Abschusses löste wütende Proteste aus. Auf Twitter wurde auch ein Video verbreitet, auf dem Demonstranten den Rücktritt des Obersten geistlichen Führers des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, forderten.
Auch der Ex-Präsidentschaftskandidat und Oppositionsführer Mehdi Karroubi hat den Obersten geistlichen Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, nun zum Rücktritt aufgefordert. Karroubi kritisierte am Samstag, dass die Öffentlichkeit erst mit Verzögerung über die Absturzursache informiert worden sei. Karroubi stellte öffentlich die Frage, wann Khamenei über den Abschuss informiert worden sei.Im Land kommt es zu Protesten.
Proteste in Teheran
Iranischen Medienberichten zufolge soll es in mehreren Teilen der Hauptstadt Teheran Proteste wegen des Abschusses der Passagiermaschine gegeben haben. Laut den Nachrichtenagenturen IRNA und Isna nahmen Hunderte an Protestkundgebungen am Samstagabend vor den Universitäten Teheran, Amir Kabir und Sharif teil. Sie kritisierten sowohl den Abschuss sowie die tagelangen Dementis iranischer Behörden und Medien.
Isna zufolge forderten einige Demonstranten vor der Amir Kabir Universität den Rücktritt der Verantwortlichen für den Abschuss. Den berichten zufolge schritt die Polizei ein, um die Proteste zu beenden. Auf Twitter kursieren Videos, unter anderem von einer Journalistin der New York Times, die die Proteste in Teheran zeigen und das Einschreiten der Polizei.
Irans Parlament soll Abschuss der ukrainischen Boeing untersuchen
Das iranische Parlament soll nun die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine untersuchen. Die Parlamentsausschüsse für Sicherheit und Außenpolitik sollten sich mit diesem "schwerwiegenden Zwischenfall" befassen und nach Wegen suchen, wie ähnliche Katastrophen in der Zukunft vermieden werden könnten, sagte Parlamentspräsident Ali Larijani am Sonntag.
Der Parlamentspräsident äußerte sich nach einer nichtöffentlichen Stellungnahme des Chefs der Revolutionsgarden, Hossein Salami, vor dem Parlament. Die Revolutionsgarden hatten mit einiger Verzögerung die Verantwortung für den am Mittwoch erfolgten Abschuss übernommen. Bei dem irrtümlichen Abschuss wurden alle 176 Insassen der Maschine getötet.
Iranische Zeitungen schreiben von "unverzeihlichen" Fehler
Die Teheraner Tageszeitungen, deren Berichterstattung im Allgemeinen regierungstreu ist, kritisierten den Abschuss der Boeing in ihren Sonntagsausgaben als "unverzeihlichen" Fehler. Die Zeitung "Iran" veröffentlichte die Namen sämtlicher Opfer des Unglücks, unter denen zahlreiche in ihrer Heimat und im Ausland lebende Iraner waren. "Entschuldigt Euch! Tretet zurück!", forderte das reformorientierte Blatt "Etemad". In einem Kommentar der ebenfalls moderaten Tageszeitung "Jomhuri-ye Eslami" hieß es: "Diejenigen, die die Veröffentlichung der Ursache für den Flugzeugabsturz verzögert und das Vertrauen der Bevölkerung in das Establishment beschädigt haben, sollten entlassen werden oder zurücktreten. "Die Zeitung "Jawan", die den Revolutionsgarden nahe steht, entschuldigte sich "zutiefst" für den "schmerzlichen Fehler".
Iran nahm britischen Botschafter fest
Der Nachrichtenagentur Tasnim zufolge wurde im Zuge der Proteste der britische Botschafter in Teheran für einige Stunden festgenommen worden. Inzwischen soll er aber wieder freigelassen worden sein. Botschafter Rob Macaire soll am Samstagabend an einer Protestkundgebung vor der Universität Amir Kabir teilgenommen haben.
Der britische Außenminister Dominic Raab protestierte scharf gegen die Festnahme, die "ohne Begründung oder Erklärung" erfolgt sei. Es handle sich daher "um eine ungeheuerliche Verletzung des Völkerrechts".
Laut Tasnim hat Macaire die Demonstranten provoziert, "radikale Aktionen" durchzuführen. Macaire sei nach "einigen Stunden" wieder freigelassen worden, werde aber am Sonntag ins Außenministerium zitiert, schrieb Tasnim unter Berufung auf informierte Quellen. Eine offizielle Bestätigung des Außenministeriums lag zunächst nicht vor.
Trump sichert Demonstranten im Iran Unterstützung zu
US-Präsident Donald Trump hat indes den Demonstranten im Iran seine Unterstützung zugesichert. Trump schickte am Samstag (Ortszeit) inhaltsgleiche Twitter-Nachrichten auf Englisch und auf Persisch an das "tapfere, leidgeprüfte Volk" im Iran. "Ich stehe seit Beginn meiner Präsidentschaft an Ihrer Seite, und meine Regierung wird Ihnen auch weiterhin zur Seite stehen", schrieb der US-Präsident.
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