Propagandakrieg um das Atomkraftwerk Saporischschja

Die sechs Reaktoren von Saporischschja
Zumindest einer der sechs Reaktoren ist wieder am Netz. Oder alle. Ukrainer und Russen schüren die Angst vor einer Atomkatastrophe.

Einer der sechs Reaktoren am Atomkraftwerk Saporischschja ist nach Angaben der Betreibergesellschaft wieder am ukrainischen Netz. Der Reaktor baue Kapazität auf, teilte der ukrainische Staatskonzern Energoatom am Freitag weiter mit. Alle sechs Reaktoren des Kraftwerks seit Donnerstag vom ukrainischen Stromnetz abgeschnitten. Grund sollen Brände nach einem angeblichen Granatenbeschluss in der Nähe des Kraftwerkes sein.


Überprüfbar sind alle diese auch einander widersprechenden Meldungen derzeit nicht. Um das größte ukrainische Atomkraftwerk ist ein Propagandakrieg entbrannt. Die Russen behaupten, die Ukrainer hätten es beschossen und umgekehrt. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass vom Atommeiler erhöhte nukleare Strahlung ausgeht.

Internationale Inspektoren sollen Lage beurteilen

Während der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj davon sprach, dass die Welt einer nuklearen Katastrophe entronnen sei, betonte Energoatom, dass es derzeit keine Probleme mit den Maschinen oder den Sicherheitssystemen des Kraftwerks gebe. Kiew drängt auf einen baldigen Besuch internationaler Experten. Vertreter der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA und der Vereinten Nationen sollten unter anderem nukleare Sicherheitsstandards untersuchen, schrieb der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko in der Nacht zum Freitag auf Facebook. Haluschtschenko forderte zudem den kompletten Rückzug der russischen Truppen von dem AKW-Gelände.

Deutschland besorgt

Die deutsche Bundesregierung zeigte sich sehr besorgt wegen der Sicherheit des Atomkraftwerks Saporischschja in der Südukraine. Die Lage sei „sehr, sehr gefährlich“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. „Wir verurteilen die Besetzung durch russische Truppen auf das Schärfste.“

Russland müsse die Kontrolle über das Atomkraftwerk „umgehend“ wieder an die Ukraine zurückgeben und die Internationale Atomenergiebehörde schnellstmöglich Zugang erhalten. Auch das tschechische Außenministerium äußerte nach Angaben der Nachrichtenagentur CTK Besorgnis über die Situation und forderte eine möglicht rasche Mission der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA.


Moskau rechnet mit einem baldigen Besuch internationaler Experten vor Ort. „Es laufen aktive Vorbereitungen für einen Besuch“ der Expertenmission der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in dem AKW, teilte der russische Vertreter bei den internationalen Organisationen in Wien, Michail Uljanow, am Freitag mit.


Die Anlage in den von Russland besetzten Gebieten geriet in den vergangenen Wochen mehrfach unter Beschuss. Russland und die Ukraine geben sich dafür gegenseitig die Schuld. Am Donnerstag war das von russischen Truppen besetzte AKW nach ukrainischen Angaben vom Stromnetz getrennt worden. Es laufen Verhandlungen zwischen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA und Russland über eine Inspektion der Anlage.

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