Premier Renzi läuft zur Hochform auf
knapp vorne
Italiens Premier Matteo Renzi läuft wenige Tage vor der EU-Wahl zur Hochform auf. Im Eiltempo absolviert der 39-jährige Senkrechtstarter Wahltermine von Nord bis Süd: Vormittags eine Kundgebung in Mailand, nachmittags ein Treffen in Bari, dazwischen ein Schulbesuch, Radio- und Fernsehinterviews, am Abend die Abschlusskundgebung in Rom. Für den ehemaligen Florentiner Bürgermeister Renzi ist die EU-Wahl am Sonntag ein wichtiger Stimmungstest. Vor knapp drei Monaten hat er seinen Vorgänger Letta bei einem parteiinternen Putsch aus dem Amt gejagt.
Seine hemdsärmelige Art kommt mittlerweile auch bei anfänglichen Renzi-Skeptikern gut an. Bei den Wahlumfragen liegt seine Demokratische Partei (PD) mit 33 Prozent vorne.
"Fünf Sterne"
Doch Renzis größter Herausforderer, der Chef der Protestbewegung "Fünf Sterne", Beppe Grillo, ist nicht zu unterschätzen. Der Populist liegt in Umfragen nur knapp hinter Renzi. Komiker Grillo fischt mit seinen populistischen Wahlkampfslogans, provokanten Drohungen und Politiker-Attacken vor allem im Sammelbecken der Politikverdrossenen und Protestwähler. "Wir werden einen lawinenartigen Erfolg feiern. Wir sind dabei, ein System zu stürzen. Die Wähler begreifen, dass man diese Chance nicht verfehlen darf", polterte Grillo vor seinen Anhängern.
Oppositionschef Silvio Berlusconi hat in den vergangenen Wochen seinen medialen Wahlkampf ebenfalls intensiviert. Mit TV-Auftritten und Attacken gegen die "Dilettanten-Regierung" von Renzi versucht er ein Rekordtief seiner Mitte-rechts-Partei Forza Italia abzuwenden. Diese droht abgeschlagen unter 20 Prozent auf dem dritten Platz zu landen. Trotz seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs darf sich der 77-jährige Ex-Cavaliere von Montag bis Donnerstag in Rom aufhalten.
Die Unentschlossenen
Angeblich sind noch sieben Millionen der knapp 30 Millionen wahlberechtigten Italiener unentschlossen. "Die letzten Tage des Derbys: Wut gegen Hoffnung, Protest gegen Vorschlag, ,Leck mich am A...‘ gegen Ideen. Ändern wir Italien, statt die Italiener zu beleidigen", twitterte Renzi.
Seine großen Reformen – Senatsreform, Arbeitsmarktreform, Steuerreform, Wahlrechtsreform – konnte der Neo-Premier nicht im angekündigten Zeitrahmen umsetzen. Zu groß ist der Widerstand der Parteien, die nichts von ihren Privilegien abgeben wollen.
In Europa tritt Renzi für einen Kurswechsel ein: Weg von der Austerität, hin zu neuer Wachstumsorientierung in der EU. Die Zukunft seiner Regierung hänge aber nicht von der EU-Wahl ab, stellte Renzi vorab klar. "Ich gehe nicht nach Hause, weil Grillo das will, sondern nur, falls mir das Vertrauen des Parlaments entzogen wird", distanzierte sich Renzi vorab, sollte das Wahlergebnis für ihn schlecht ausfallen.
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