Premier Berisha räumt Niederlage ein

Sali Berisha mit erhobener Hand bei einer Veranstaltung.
Die Sozialisten des künftigen Premiers Edi Rama eroberten 84 der 140 Parlamentssitze.

Der albanische Ministerpräsident Sali Berisha hat am Mittwochabend seine Niederlage bei den Parlamentswahlen vom Sonntag eingestanden. "Der Souverän hat gesprochen, ich akzeptiere die Entscheidung", sagte Berisha laut privatem TV-Sender Top Channel in der Zentrale seiner Demokratischen Partei (DP) in Tirana. Nach Auszählung fast aller Stimmen erhält der Block um die Sozialisten des künftigen Premiers Edi Rama 84 der 140 Parlamentssitze, das Berisha-Lager nur 56.

Kein Mann hat die albanische Politik seit dem Ende der kommunistischen Diktatur geprägt wie Berisha, einstiger Kardiologe von Diktator Enver Hoxha: 1997 war er in seiner schwärzesten Stunde nach krassen Unregelmäßigkeiten bei einer Wahl für seine Partei und dem Zusammenbruch dubioser Finanzgesellschaften, die viele Albaner um ihre Ersparnisse und das Land an den Rand des Bürgerkriegs brachten, als Staatspräsident zurückgetreten. 2005 feierte der heute 68-Jährige ein fulminantes Comeback als Regierungschef. Nach acht Jahren und zwei Amtszeiten ist nun auch diese Zeit zu Ende.

Berisha legte auch das Amt des PD-Chefs zurück. Er werde aber in der PD bleiben und dort seinen Beitrag leisten. Seine Worte seien nicht als Lebewohl zu verstehen, sagte Berisha. Als Nachfolger in der Partei wurde der Ex-Minister und jetzige Bürgermeister von Tirana, Lulzim Basha, gehandelt. Er dürfte nun Oppositionsführer werden.

Berisha wünschte Rama als seinem Nachfolger an der Regierungsspitze viel Glück, bemerkte aber zugleich: "Die Bürger haben sich für eine Alternative entschieden, weil der politische Gegner Gratis-Gesundheitsversorgung und weniger Steuern für 95 Prozent der Bevölkerung versprochen hat." Das sei aber nicht erfüllbar.

Ramas Anhänger feiern

Rama hatte sich schon am Dienstagabend zum Sieger erklärt. Er wolle Ministerpräsident und "Hauptdiener" der Albaner sein, gab er sich gelöst. Bei einer Niederlage wäre seine politische Karriere wohl zu Ende gewesen. Am Mittwoch feierten seine Anhänger in mehreren Städten auf den Straßen. Er rief das ärmste Land Europas auf, jetzt alle politischen Gräben zuzuschütten und die ruinierte Wirtschaft in Gang zu bringen.

Der Block um die Sozialisten, die Allianz für ein europäisches Albanien, hat die Konkurrenz selbst in Berishas Hochburgen im Norden überraschend geschlagen bzw. einen Gleichstand an Mandaten erzielt. Die neue Regierung liegt an der Grenze zur Drei-Fünftel-Mehrheit, mit der sie Verfassungsgesetze im Alleingang beschließen könnte.

Die Reaktion Berishas war mit Spannung erwartet worden. Wahlen nach europäischen Standards sind eine Voraussetzung für die EU, dass sie Albanien den Status eines Beitrittskandidaten zuerkennt. Allerdings konnten keine Wahlen dort seit Ende der Diktatur westliche Wahlbeobachter wirklich zufriedenstellen. Meist endeten sie damit, dass die beiden großen Parteien sich gegenseitig des Wahlbetrugs beschuldigten und einen Sieg des jeweils anderen nicht anerkennen wollten.

Rama selbst fuhr, als er 2009 nicht an die Macht kam, einen Protestkurs. Die Sozialisten boykottierten lange Zeit die Parlamentsarbeit und organisierten Massenproteste und sogar einen Hungerstreik. Auf dem Höhepunkt der Konfrontationen wurden bei einer Anti-Regierungs-Demonstration in Tirana vier Demonstranten durch Schüsse der Republikanischen Garde getötet. Trotz eindringlicher Appelle der EU, der USA und internationaler Organisationen zog sich der Konflikt über Monate und Jahre hin und verzögerte die EU-Annäherung Albaniens.

Wahlbeobachter grundsätzlich zufrieden

Die EU-Außenbeauftragte Catherina Ashton und Erweiterungskommissar Stefan Füle bewerteten die Parlamentswahl am gestrigen Dienstag grundsätzlich positiv. "Wir gratulieren den Bürgern Albaniens zu den Parlamentswahlen vom 23. Juni, die "im Großen und Ganzen ordnungsgemäß stattgefunden haben", ließen sie in einer gemeinsamen Aussendung wissen. Zum Kandidatenstatus äußerten sie sich jedoch nicht. Dezidiert für den Kandidatenstatus hat sich Hannes Swoboda (SPÖ), Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, ausgesprochen.

Internationale Wahlbeobachter hatten eine zwiespältige, vorläufige Bilanz gezogen: Sie lobten das Wahlgesetz als "gesunde Basis für die Abhaltung demokratischer Wahlen", das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Wahlprozess habe allerdings gelitten, "weil die Um- und Durchsetzung (des Wahlgesetzes) in so mancher Hinsicht unzulänglich war". Die Abstimmung ging gut über die Bühne, wenn auch mit prozeduralen Unregelmäßigkeiten, und die Auszählung hat sich vielerorts verzögert."

Negativ merkten die Beobachter auch an, dass die Zentrale Wahlkommission wegen eines Streits zwischen den verfeindeten Politlagern nicht mit dem nötigen Quorum arbeitet, um Schlüsselentscheidungen zu fällen. Zudem hätten die Tötung eines Beisitzers und Parteigängers der Sozialistischen Integrationsbewegung (LSI) in der Stadt Lac am Wahltag und andere "vereinzelte Fälle von Gewalt" den Beginn der Abstimmung überschattet. Bei früheren Wahlen hatte es allerdings mehrere Tote bereits im Wahlkampf gegeben.

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