Portisch: Olympia-Boykott hat zur Besetzung der Krim beigetragen

Portisch: Olympia-Boykott hat zur Besetzung der Krim beigetragen
In seinem neuen Buch "Russland und wir" übt der Chefkommentator der Weltpolitik Kritik an beiden Seiten und erzählt seine Russland-Geschichten.

Der große Erklärer der weltpolitischen Zusammenhänge ist auch im Alter von 93 Jahren noch kein bisschen leise: Am Dienstag wurde Hugo Portischs neues Buch „Russland und wir“ präsentiert. Auf 141 Seiten fordert er eine engere Verbindung Europas zu Russland und begründet das damit, dass diese Zusammenarbeit vor allem im Hinblick auf das weltpolitische Erstarken Chinas notwendig sein wird.

Portisch erzählt von seinen vielen Reisen, die ihn bis in das damals so gut wie unbekannte Sibirien geführt haben. Seine Erlebnisse mit den russischen Bürgern veranlassten ihn dazu, das gegenseitige Verständnis zu stärken. Politisch ortet er den Wunsch Russlands, stärker in ein europäisches Sicherheitsnetz aufgenommen zu werden.

Der frühere KURIER-Chefredakteur und Chefkommentator des ORF spart auch nicht mit Kritik an einzelnen Aktionen Europas. Vor allem der vom deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck angeführte Boykott der Olympischen Spiele in Sotschi 2014 sei eine große Missachtung gewesen. „Wie muss sich Putin gefühlt haben, als er nur mit dem Präsidenten Kasachstans und dem UNO-Generalsekretär auf der Haupttribüne stand“, schreibt Portisch. Und er ist sogar der Meinung, dass diese brüske Zurückweisung Putins, dazu beigetragen habe, dass er kurze Zeit danach die illegale Besetzung der Krim ohne Rücksicht auf die Weltmeinung durchgeführt habe.

Dass einem besseren Verständnis aber auch Putin selbst im Wege steht, wird von Portisch ebenso beleuchtet. Er kritisiert den Umgang mit den Menschenrechten, der Meinungs- und der Pressefreiheit. „Diese steht nicht auf Putins Agenda“, schreibt Portisch. Wie recht er hat. Denn das Buch wurde vor der Vergiftung des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny fertiggestellt. Und seither sind Europa und Russland wieder ein gutes Stück auseinandergerückt.

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