Nach Anschlag auf Bahnstrecke: Polen schließt letztes russisches Konsulat
Polens Außenminister Sikorski bei einer Rede im Parlament am Mittwoch
Zusammenfassung
- Polen schließt das russische Konsulat in Danzig nach einem Anschlag auf eine Bahnstrecke.
- Die polnische Regierung macht russische Geheimdienste für den Sprengstoffanschlag verantwortlich.
- Russland reagiert scharf auf die Schließung und kündigt Gegenmaßnahmen sowie eine Reduzierung der polnischen diplomatischen Präsenz an.
Polen schließt das russische Konsulat in Danzig. Hintergrund sei der Anschlag auf eine Eisenbahnstrecke, teilte der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski am Mittwoch mit. Polen vermutet, dass Russland dahinter steckt. Es werde auch Antworten "nicht diplomatischer Natur" geben, so Sikorski. Das Konsulat in Danzig war das letzte, das Russland in Polen noch betrieb. Der Kreml reagierte scharf auf die Entscheidung und sprach von einem "völligen Verfall" der Beziehungen.
Die polnische Regierung beschuldigt russische Geheimdienste, hinter einem Sprengstoffanschlag auf die Bahnstrecke von Warschau nach Lublin zu stecken. In der Nähe der Ortschaft Mika rund hundert Kilometer südöstlich von Warschau waren am Samstag bei einer Explosion die Gleise zerstört worden. Weil ein Zugführer die Beschädigung bemerkte und meldete, wurde niemand verletzt. Die Ermittler haben zwei Tatverdächtige im Visier. Die beiden ukrainischen Staatsbürger sollen im Auftrag Moskaus gehandelt und sich nach der Tat nach Belarus abgesetzt haben.
Dieser Vorfall sei eine bedeutende Eskalation im russischen Vorgehen, sagte Sikorski. "Sabotage ist, wenn Besitz beschädigt wird. Wenn die Absicht ist, Menschen zu töten, ist das keine Sabotage mehr, sondern Staatsterrorismus."
Das russische Generalkonsulat war die letzte verbleibende Einrichtung dieser Art in Polen. Bereits im Mai hatte Polen nach Brandstiftungsvorwürfen gegen den russischen Geheimdienst das Generalkonsulat in Krakau schließen lassen. Das Generalkonsulat in Posen (Poznan) wurde aus dem gleichen Grund bereits 2024 geschlossen.
Sikorski betonte, Polen habe ähnlich wie andere EU-Länder, die von den Aktivitäten des russischen Geheimdienstes betroffen seien, nicht die Absicht, die russische Botschaft in Warschau zu schließen und die diplomatischen Beziehungen zu Moskau abzubrechen.
Kreml sieht "völligen Verfall" der Beziehungen
Kremlsprecher Dmitri Peskow reagierte scharf und warf dem Nachbarland "Russophobie" vor. "Das hat nichts mit gesundem Menschenverstand zu tun", kommentierte er die Schließung des Generalkonsulats. Sie sei Ausdruck des Wunsches der polnischen Führung, jegliche Möglichkeit konsularischer oder diplomatischer Beziehungen zunichtezumachen. "Da kann man nur sein Bedauern ausdrücken."
Das russische Außenministerium kündigte umgehend eine Reaktion auf den polnischen Schritt an. Man werde nun auch die diplomatische und konsularische Präsenz Polens im Land reduzieren, sagte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa laut der Nachrichtenagentur Tass.
Polens Außenminister sagte weiter, man werde sich an die Regierung in Belarus mit einem Gesuch wenden, die beiden Tatverdächtigen auszuliefern. "Dies sind die Prozeduren." Große Hoffnungen, dass das von Machthaber Alexander Lukaschenko autoritär regierte Land der Bitte nachkomme, habe man nicht. Belarus ist ein enger Verbündeter Russlands.
Kommentare