Nordkoreas Nummer Zwei: Choe Ryong-hae neues protokollarisches Staatsoberhaupt

Choe Ryong-hae und Kim Jong-un.
Mehr als 20 Jahre war Kim Yong-nam das außenpolitische Gesicht Nordkoreas, nun wird der 91-Jährige abgelöst.

Einen Monat nach der staatlich gelenkten Parlamentswahl hat Nordkorea ein neues protokollarisches Staatsoberhaupt bekommen. Auf ihrer konstituierenden Sitzung wählte die neue Oberste Volksversammlung den hochrangigen Parteifunktionär Choe Ryong-hae, der als inoffizielle Nummer zwei hinter Machthaber Kim Jong-un gilt, zum Vorsitzenden des Parlamentspräsidiums.

Choe politisch ambitioniert

Von der Wahl des 69-jährigen Choes am Donnerstag berichteten die staatlichen Medien am Freitag. Choe löst damit den 91-jährigen Kim Yong-nam ab, der in der Position des Präsidiumsvorsitzenden 21 Jahre lang als nominelles Staatsoberhaupt und "außenpolitisches Gesicht" des weithin abgeschotteten Landes gegolten hatte. Im Gegensatz aber zu Kim Yong-nam, der nicht als wichtiger Entscheider galt, wird Choe als politisch ambitioniert angesehen. Über eine Entlassung Kim Yong-nams gab es wegen seines hohen Alters schon in den vergangenen Jahren immer wieder Spekulationen.

Erster Stellvertreter Kims

Den Berichten zufolge wurde Choe bei der Sitzung am Donnerstag auch zum ersten Stellvertreter Kim Jong-uns in der Kommission für Staatsangelegenheiten gewählt. Die Kommission ist das wichtigste Entscheidungsgremium des sozialistischen Landes. Choe steht wie andere Funktionäre auch wegen des Atomwaffenprogramms Nordkoreas auf einer Schwarzen Liste. Inwieweit er wie Kim Yong-nam sein Land bei Besuchen im Ausland vertreten kann, gilt als unklar.

Neuer Premierminister gewählt

Auch wurde den Berichten zufolge im Rahmen einer Kabinettsumbildung ein neuer Premierminister gewählt. Der bisherige Kabinettschef Pak Pong-ju wurde durch Kim Jae-ryong, einem hochrangigen Funktionär der herrschenden Arbeiterpartei, ersetzt.

Kim Jong-un wurde bei der Sitzung am Donnerstag wie erwartet als Vorsitzender der Kommission für Staatsangelegenheiten und damit im höchsten Staatsposten bestätigt. Seine Wahl sei "ein großes politische Ereignis von wichtiger historischer Bedeutung", hieß es. Beobachten sahen die Wahl als weitere Zementierung seiner diktatorischen Machtfülle.

Die Sitzung der Volksversammlung - Nordkoreas machtloses Parlament - erfolgte in einer Phase zunehmender Verunsicherung nach dem gescheiterten Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Kim Jong-un Ende Februar in Vietnam. Beide Seiten kamen sich in den zentralen Fragen der atomaren Abrüstung Nordkoreas und der Gegenleistungen der USA nicht näher. Die Gespräche gehen aber weiter.

Trump sagte am Donnerstag bei einem Treffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in in Washington, ein weiteres Treffen mit Kim sei möglich. Details nannte er nicht. Bisher leidet Nordkorea unter weitreichenden Sanktionen der Vereinten Nationen und der USA. Die Verhandlungen mit Nordkorea werden sich nach Einschätzung Trumps länger hinziehen.

Scheinparlament

Die Volksversammlung wird im Ausland auch als Scheinparlament bezeichnet. Die Abgeordneten kommen normalerweise nur ein- oder zweimal jährlich zusammen und diskutieren dabei über Budget- und Personalfragen sowie politische Richtlinien. Dabei werden weitgehend Beschlüsse der Arbeiterpartei ratifiziert. Bei der Wahl im März hatten alle 687 Kandidaten nach offiziellen Angaben eine Zustimmung von 100 Prozent erhalten. Die Wahl gilt als Formsache. In jedem Wahlkreis gibt es in der Regel nur einen Kandidaten, der zuvor von der Partei nominiert wurde.

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