Nordkoreas Machthaber Kim droht mit Abkehr vom Annäherungskurs
Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un droht im Streit um das Atomwaffenprogramm seines Landes mit einer Abkehr vom Annäherungskurs, falls die USA an ihren Sanktionen festhalten. In seiner Neujahrsansprache bekräftigte Kim am Dienstag zwar die Absicht zur atomaren Abrüstung und Fortsetzung der Gipfeldiplomatie mit den USA. Außerdem betonte er, US-Präsident Donald Trump jederzeit treffen zu können.
Doch warf er Washington vor, Zusagen nicht einhalten zu wollen und Pjöngjang einseitige Abrüstungsschritte abzupressen. "Falls die USA ihre vor der ganzen Welt gemachten Versprechen nicht erfüllen, unsere Geduld falsch einschätzen und an Sanktionen und Druckmitteln festhalten, um Dinge einseitig zu erzwingen, werden wir wahrscheinlich keine andere Wahl haben, als einen neuen Weg auszuloten", sagte Kim im staatlichen Fernsehen. Darüber hinaus forderte er, dass die Militärmanöver der USA mit Südkorea beendet werden und keine strategischen Waffen aus dem Ausland auf die koreanische Halbinsel gebracht werden dürften.
Aktivitäten an Atomanlagen
Erstmals signalisierte Kim ein Atomwaffen-Moratorium. Der Abbau einer Atomwaffen-Testanlage und einer Raketentriebwerks-Fabrik stünden in Einklang mit der Entschlossenheit, Atomwaffen "nicht länger zu machen, einzusetzen oder zu verbreiten", sagte Kim. Zwar hat Nordkorea im vergangenen Jahr keine Atomwaffen getestet. Auf Satellitenbildern waren jedoch Aktivitäten an den Atomanlagen zu erkennen.
Wie der von ihm angedeutete "neue Weg" ganz konkret aussehen könnte, ließ Kim offen. Er setzte aber die wachsende Kritik Pjöngjangs an der Sanktionspolitik der USA in den vergangenen Wochen fort. Der in einen dunklen Anzug gekleidete Machthaber saß während seiner halbstündigen Rede in einem großen Sessel in einem Arbeitsraum oder einer Bibliothek und las zum Teil von Zetteln ab.
Die Verhandlungen zwischen Washington und Pjöngjang sind nach zwischenzeitlichen Signalen der Hoffnung wieder festgefahren. Die US-Regierung will an den eigenen Strafmaßnahmen wie auch den UN-Sanktionen gegen die kommunistische Führung Nordkoreas so lange festhalten, bis diese konkrete Abrüstungsschritte unternimmt.
Bei seinem historischen Gipfeltreffen mit Trump im Juni in Singapur hatte Kim seine Bereitschaft zur "kompletten Denuklearisierung" betont. Doch konkrete Zusagen, bis wann das Atomwaffenarsenal abgerüstet werden soll und wie die Gegenleistungen der USA aussehen könnten, blieben bisher aus. Die Führungen beider Länder streben derzeit einen weiteren Gipfel Anfang dieses Jahres an.
Zusammenarbeit und Aussöhnung
Er habe den festen Willen, eine "neue Beziehung" zu den USA aufzubauen und dauerhaften Frieden auf der koreanischen Halbinsel zu schaffen, sagte Kim. Die USA sollten "auf unsere aktiven Bemühungen mit glaubhaften Schritten und korrespondierendem Verhalten antworten", forderte er.
Nach den großen Spannungen 2017 wegen zahlreicher Raketentests und einem weiteren Atomtest durch Nordkorea hatte Kim in seiner Neujahrsansprache des vergangenen Jahres versöhnlichere Töne angeschlagen. Auch mit Südkorea trat Nordkorea in eine neue Phase der Zusammenarbeit und Aussöhnung ein.
Südkoreas Präsidialamt begrüßte die Ansprache Kims als Ausdruck seines Wunsches, die Beziehungen zu den USA und Südkorea entwickeln zu wollen. "Die Entschlossenheit Kims könnte eine positive Auswirkung auf die Lösung der Probleme auf der koreanischen Halbinsel in diesem Jahr haben", hieß es.
An Südkorea gewandt rief Kim zu einer noch engeren Kooperation auf. Sein Land sei bereit, den Betrieb eines gemeinsamen Industrieparks sowie das gemeinsame Programm für Touren zum Kumgang-Gebirge an der Ostküste wieder aufzunehmen. Beide Projekte waren in den vergangenen Jahren angesichts zunehmender Spannungen eingestellt worden. Einer Wiederaufnahme stehen die Sanktionen gegen Pjöngjang im Weg.
Experten sagten nach der Ansprache, es sehe so aus, als ob Kim mit den USA und Südkorea in Kontakt bleiben wolle - aber zu seinen Bedingungen. "Nordkorea scheint entschlossen zu sein, 2019 irgendeine Form der Sanktionserleichterung zu erhalten", sagte Harry Kazianis vom in den USA ansässigen Zentrum für das Nationale Interesse. "Die Herausforderung wird sein, ob Trumps Team von seiner Haltung abkehrt, dass es keine Erleichterungen geben wird."
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