Niederlande vereitelten russischen Spionageangriff

Niederlande vereitelten russischen Spionageangriff
Die vier Russen hatten einen Einsatz gegen die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen geplant. Sie wurden ausgewiesen.

Nach einem vereitelten Spionageangriff auf internationale Chemiewaffen-Kontrolleure haben die Niederlande vier Russen ausgewiesen. Bei den Russen handle es sich um Agenten, die einen Einsatz gegen die in Den Haag ansässige Organisation für das Verbot Chemischer Waffen ( OPCW) geplant hätten, sagte die niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld am Donnerstag vor Journalisten.

Die niederländischen Geheimdienste hätten die Operation vereitelt. Wegen des Vorfalls bestellte die niederländische Regierung den russischen Botschafter ein.

Die EU wird sich deshalb auch mit Cyber-Sicherheit befassen. EU-Ratspräsident Donald Tusk kündigte am Donnerstag in Brüssel an, das Thema auf die Tagesordnung des nächsten EU-Gipfels am 17./18./19. Oktober zu setzen. Tusk verglich Russland mit der Sowjetunion. "Der sowjetische Geist ist noch immer am Leben", sagte er. Dies habe auch die Nervengift-Attacke in Salisbury gezeigt.

Westen erhebt Cyberangriff-Vorwürfe

Die britische Regierung hatte bereits zuvor dem russischen Militärgeheimdienst GRU vorgeworfen, hinter einer Reihe von Cyber-Angriffen auf westliche Staaten und Institutionen in den vergangenen Jahren zu stecken. GRU sei etwa mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in die Hacker-Attacke BadRabbit und den Angriff auf die Welt-Anti-Doping-Behörde 2017, auf das Komitee der Demokraten in den USA 2016 und den Diebstahl von Emails eines TV-Senders in Großbritannien 2015 involviert.

Auch die österreichische Bundesregierung hat die Cyberangriffe auf die OPCW verurteilt und "volle Solidarität" mit den Niederlanden erklärt. "Österreich erwartet volle Aufklärung und diesbezügliche Kooperationsbereitschaft seitens Russlands", hieß es am Donnerstag in einer Stellungnahme eines Regierungssprechers.

Russland bezeichnet Vorwürfe als "unwürdig"

Das russische Außenministerium bezeichnete die aktuellen Vorwürfe als "unwürdig". Sie seien Teil einer Desinformationskampagne, um russischen Interessen zu schaden, und stammten von Menschen mit einer "blühenden Fantasie". Die russische Regierung hat auch mit Spott auf die neuerlichen Vorwürfe reagiert. Man attestierte dem Westen eine "Spionage-Manie", die sich immer weiter ausbreite. Das Ministerium kündigte an, dass zu der Angelegenheit noch ein "amtlicher Kommentar" folgen werde.

 

Vier russische Spione seien bereits im April aus dem Land ausgewiesen worden, teilte Verteidigungsministerin Ank Bijleveld am Donnerstag in Den Haag mit. Die vier Spione hatten demnach geplant, in das Computernetzwerk der OPCW einzudringen. Die Organisation hatte Chemiewaffen-Angriffe in Syrien untersucht, aber auch die Gift-Attacke auf den ehemaligen russischen Doppelspion Sergej Skripal und seine Tochter Julia in Großbritannien.

Russische Spione aus Niederlanden ausgewiesen

Die niederländischen Ermittler hätten die Laptops und Handys der Spione beschlagnahmt und untersucht. Daraus wurde deutlich, so die Ermittler, dass auch Hacker-Attacken in der Schweiz und auf die strafrechtliche Untersuchung zum Abschuss des Passagierfluges MH17 geplant waren.

Bereits im September war bekannt geworden, dass zwei russische Spione im April aus den Niederlanden ausgewiesen wurden. Sie sollen auf dem Weg in die Schweiz gewesen seien, um dort ein Labor der OPCW zu hacken. Der niederländische militärische Geheimdienst machte nun die Fotos und Namen der insgesamt vier Männer bekannt.

Sie waren den Angaben zufolge am 10. April mit Diplomatenpässen in die Niederlande eingereist und dort von einem Angehörigen der russischen Botschaft empfangen worden. Sie hätten ein Auto gemietet und seien mehrfach in der Nähe der OPCW-Zentrale geortet worden. Am 13. April wurden sie vorläufig festgenommen. Im Kofferraum des Autos fanden die Ermittler Spezialgeräte für Hacker-Angriffe.

Die Chemiewaffen-Experten der OPCW hatten in jüngster Zeit Untersuchungen angestellt, die auch russische Interessen berühren. So dokumentierten sie den Einsatz von Chemiewaffen gegen Zivilisten im Syrien-Krieg. Die mit Russland verbündete syrische Regierung wird verdächtigt, diese Waffen eingesetzt zu haben.

Untersuchungen im britischen Salisbury

Zudem leiteten OPCW-Experten auf Bitten der Regierung in London Untersuchungen im britischen Salisbury ein, nachdem dort das in der Sowjetunion entwickelte Nervengift Nowitschok eingesetzt worden war. Die britische Regierung beschuldigt Russland, mit dem Gift einen Mordanschlag auf den Ex-Agenten Skripal ausgeführt zu haben. Skripal überlebte schwer verletzt.

Die OPCW mit Sitz in Den Haag überwacht die Umsetzung der Chemiewaffenkonvention, die 1997 in Kraft trat und von 193 Staaten unterzeichnet wurde. Unter der Konvention wurden 96 Prozent der bekannten Chemiewaffen-Bestände zerstört; die vier verbleibenden Prozent befinden sich in den USA und sollen bis 2023 zerstört werden.

Die OPCW war lange kaum bekannt - besonders der Krieg in Syrien bescherte ihr in den vergangenen Jahren Aufmerksamkeit. In dem seit 2011 andauernden Bürgerkrieg wurden immer wieder Chemiewaffen-Einsätze gegen Zivilisten angeprangert. Die OPCW prüfte 85 solcher Vorwürfe, in 14 Fällen wurde der Einsatz von Waffen wie dem Nervengas Sarin nachgewiesen oder als sehr wahrscheinlich eingeschätzt.

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