Vom Migrantenkind zur Hardlinerin: Dilan Yesilgöz' harter Asylkurs

People's Party for Freedom and Democracy congress in Rotterdam
Im Oktober wählen die Niederlande ein neues Parlament. Die rechtsliberale Spitzenkandidatin Dilan Yesilgöz könnte die erste Premierministerin des Landes werden. Sie setzt im Wahlkampf auf einen harten Migrationskurs.

Der Spitzname ist eigentlich kein Kompliment. „Pitbull in High Heels“ wird Dilan Yesilgöz in ihrer Heimat, den Niederlanden, auch genannt. Sie kann darüber lachen: „Ja, ich liebe Hunde und ich liebe High Heels“, konterte sie 2023 im Wahlkampf selbstbewusst.

Seitdem sind knapp zwei Jahre vergangen – und die Niederländer werden erneut an die Urnen gebeten, um ein neues Parlament zu wählen. Nachdem der Rechtspopulist Geert Wilders im Juni die rechte Vier-Parteien-Regierung sprengte, möchte Yesilgöz die erste Regierungschefin des Landes werden. Ihre Chancen stehen nicht schlecht:

Parteien halten gegen Wilders PVV

Zwar liegt Wilders' radikale, fremdenfeindliche PVV in den Umfragen weiterhin vorne. Mitregieren dürfte sie aber kaum, da die übrigen Parteien dies blockieren. Auch Yesilgöz, die Spitzenkandidatin eines bisherigen Koalitionspartners, der rechtsliberalen VVD, schließt eine erneute Zusammenarbeit aus: „Geert Wilders hat bewiesen, dass er keine Verantwortung übernehmen will“, sagte sie unlängst.

Dabei war es Yesilgöz, die nach den letzten Wahlen den Tabubruch wagte und Wilders die Hand reichte – aus Rücksicht auf dessen Wähler, wie sie damals betonte. Die 48-Jährige gilt jedoch auch selbst als Hardlinerin in der Migrationspolitik – trotz eigener Fluchterfahrung.

Shooting-Star

1977 als Tochter eines kurdischen Vaters und einer türkischen Mutter in Ankara geboren, floh sie als junges Mädchen in die Niederlande. Nach Stationen bei den Sozialisten und den Sozialdemokraten hob sie schließlich als Shootingstar bei der VVD ab. 

Sie inszeniert sich als jung, modern und mediennah, tingelt durch Talkshows, wurde erst Staatssekretärin, dann als erste Nicht-Juristin Justizministerin – und setzte schon da auf einen strikten Anti-Asylkurs. 2023 beerbte sie schließlich Langzeitpremier Mark Rutte (heute NATO-Generalsekretär) als Parteivorsitzende – und versucht seitdem, Wilders mit einem harten Migrationskurs das Wasser abzugraben.

So auch in ihrem neuen Wahlprogramm, das sie am Freitagabend präsentierte: Neben Steuererleichterungen für Unternehmer, Deregulierung und Sozialkürzungen fordert ihre VVD nicht weniger als eine radikale „Systemänderung“ im Asylbereich: Asylwerber sollen künftig nur noch über Wiederansiedlung ins Land kommen dürfen; an den Grenzen soll strikt abgewiesen werden. Insgesamt soll die Zahl der Ankömmlinge dadurch „möglichst auf null“ sinken. Auch die „Auswüchse der Arbeitsmigration“ will Yesilgöz massiv beschränken. Wer bestimmte Kriterien nicht erfüllt, muss das Land verlassen. Auch dem Familiennachzug soll ein Ende bereitet werden.

Yesilgöz’ harte Linie ist umstritten, auch innerhalb der Partei. Kürzlich wurde bekannt, dass Parteikollegen ihre Fehltritte in einer Whatsapp-Gruppe dokumentieren. Die Parteijugend kritisiert sie unlängst offen für ihre Attacken gegen den Linksbündnis-Chef Frans Timmermans – mit dem sie nach dem 29. Oktober wohl koalieren müsste. So sagen Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen  voraus. Kein Partei wird den Prognosen zufolge  eine absolute Mehrheit im niederländischen Parlament erreichen.

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