NATO-Staaten wollen Munitionsproduktion ankurbeln

UKRAINE-RUSSIA-CONFLICT-WAR
Ukraine verschießt Munition schneller als der Westen produzieren kann.

Die NATO-Staaten fahren ihre Produktion von Artilleriemunition hoch, um die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland zu helfen. Es bestehe "ein großer Bedarf, die Ukraine mit Munition zu versorgen", sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch nach einem zweitägigen Treffen der Verteidigungsminister der Allianz in Brüssel. Die Ukraine verschießt derzeit ihre Munition schneller als der Westen sie herstellen kann.

Stoltenberg wies darauf hin, dass Länder wie die Vereinigten Staaten, Frankreich, Deutschland und Norwegen mit Rüstungsfirmen Verträge für die Produktion von Munition unterzeichnet hätten. Dies ermögliche NATO-Mitgliedern, ihre eigenen Bestände aufzufüllen, aber auch Kiew weiter zu beliefern. Schon vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 hatten viele NATO-Staaten die Zielvorgaben des Bündnisses für die Aufstockung der Munitionsvorräte nicht erreicht.

Nach Angaben des deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius kann die Ukraine mit mindestens 48 Leopard-2-Panzern bis Ende April rechnen. Dies betreffe ein Bataillon von Leopard-2-A4-Kampfpanzer sowie 17 modernere Leopard-2-A6-Panzer aus Deutschland (14) und Portugal (3), sagte Pistorius nach dem Treffen der NATO-Verteidigungsminister. Die Niederlande könnten zwar keine Panzer liefern, wollten aber 20.000 Schuss Munition für die A4-Panzer bereitstellen. Ein ukrainisches Bataillon besteht aus 31 Panzern.

Pistorius mahnte, den Blick nicht zu sehr nur auf die Stückzahl zu lenken, sondern auch darauf zu achten, dass ausreichend Munition und Ersatzteile geliefert werden können. Die deutschen Panzer würden bis Ende März geliefert, andere dann bis Ende April. Er werde am Freitag auch mit Industrievertretern etwa über die Wartung reden. Pistorius verwies darauf, dass die Ukraine auch mit mehr als 120 Leopard-1-Panzern rechnen könne.

Bessere Luftverteidigung

Die Hilfe für die Ukraine war das dominierende Thema auf dem zweitägigen NATO-Verteidigungsministertreffen. Die Verbündeten begannen aber auch eine Diskussion darüber, ob die Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung des Bruttoinlandsprodukts angesichts der Bedrohung aus Russland noch ausreichen. "Ich denke, wir sollten die zwei Prozent des Bruttosozialproduktes nicht mehr als Obergrenze, sondern als Untergrenze, als Minimum betrachten", sagte Stoltenberg. Eine Entscheidung wird auf einem NATO-Gipfel im Juli in Litauen erwartet.

Unterdessen schlossen sich Schweden und Dänemark dem deutschen Projekt zum Aufbau eines besseren europäischen Luftverteidigungssystems an. Vertreter der beiden Länder unterzeichneten im Brüsseler NATO-Hauptquartier das Abkommen zur Sky Shield-Initiative. Der deutsche Verteidigungsminister Pistorius sagte dazu: "Mehr Mitglieder bedeuten mehr Sicherheit und weniger Kosten für jedes einzelne Mitgliedsland."

Das Gründungsabkommen für die "European Sky Shield Initiative" (Essi) wurde im vergangenen Oktober von Deutschland und 14 weiteren Staaten unterzeichnet. Das Projekt soll helfen, bestehende Lücken im derzeitigen NATO-Schutzschirm für Europa zu schließen. Defizite gibt dort beispielsweise im Bereich ballistischer Raketen, die auf ihrer Flugbahn große Höhen erreichen, aber auch bei der Abwehr von Drohnen und Marschflugkörpern.

Hintergrund der deutschen Initiative ist vor allem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er hat die Sicherheitslage in Europa nach Einschätzung der NATO fundamental verändert und macht deswegen zusätzliche Anstrengungen bei der Luftverteidigung notwendig. Bisher war die Raketenabwehr in Europa vor allem auf mögliche Bedrohungen aus dem Iran ausgerichtet.

Künftig sollen nun unter anderem gemeinsam neue Waffensysteme eingekauft werden, die dann zusammen möglichst günstig ein großes Gebiet abdecken. Eines der ersten Projekte könnte eine Bestellung von Patriot-Flugabwehrraketen werden.

Nicht beteiligt an der Initiative sind bisher Länder wie Polen, Frankreich und Italien. Zumindest mit Blick auf Polen zeigte sich Pistorius am Mittwoch allerdings optimistisch. "Ich kann mir vorstellen, dass das bald passiert", sagte er zu der Frage, ob er eine Meinungswandel in Warschau noch für denkbar hält.
 

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