Berlin stoppt Rüstungsdeal mit Moskau

Nach dem EU-Sanktionsbeschluss gegen Russland ist Berlin jetzt noch einen Schritt weiter gegangen: Wie die Süddeutsche berichtet, hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nun erstmals eine Genehmigung für ein 100-Millionen-Euro-Rüstungsprojekt von Rheinmetall zurückgezogen – und das, obwohl der kürzlich gefasste EU-Beschluss nur für zukünftige Geschäfte gilt. Konkret geht es um den geplanten Bau eines Gefechtsübungszentrums (GÜZ) durch die Düsseldorfer Firma Rheinmetall - SPD-Minister Gabriel hat die Bewilligung dafür, die von der CDU-FDP-Koalition erteilt worden war, nun widerrufen lassen.
Das vom deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall bisher nur in Teilen an Russland gelieferte Gefechtsübungszentrum ist nach Angaben der deutschen Regierung nicht funktionsfähig. Das gab ein Sprecher des Ministeriums bekannt.
Russland hat nun mit einer Schadenersatzklage gedroht. Wegen Vertragsbruchs werde das russische Verteidigungsministerium vor Gericht ziehen, sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter der Behörde am Montag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Die gestoppte Lieferung von Rheinmetall hätte etwa zehn Prozent des Zentrums ausgemacht, sagte er. Die russische Rüstungsbranche sei in der Lage, die fehlenden Teile zu ersetzen. Vizeverteidigungsminister Juri Borissow betonte, die Absage werde den bereits für September geplanten Start des Zentrums in Mulino nicht verzögern.
Ausbildung für 30.000 Soldaten
Das Zentrum hätte in der Stadt Mulino in der Wolga-Region errichtet werden sollen – dort hätten jährlich bis zu 30.000 Soldaten mit technisch hoch entwickelten Simulationsinstrumenten ausgebildet werden sollen. Der Fall, so schreibt die Süddeutsche, habe nun für das deutsch-russische Verhältnis als auch für die generelle Debatte über Rüstungsexporte Präzedenz- und Signalwirkung – denn Deutschland widerruft das Projekt, obwohl es laut EU-Beschluss gar nicht nötig wäre. Die beschlossenen Sanktionen beinhalten ein Moratorium für Rüstungsgeschäfte, sie schließen dezidiert keine bereits geschlossenen Geschäfte ein - Frankreich zum Beispiel beharrt deshalb auf der Auslieferung von zwei Kriegssschiffen, auch Großbritannien unterhält weiterhin Geschäfte mit Russland.
Bei der betroffenen Firma hat man naturgemäß wenig Freude mit dem Beschluss: Die Regierung habe zwar versucht, eine Übereinkunft über eine Aussetzung des Deals zu erzielen, diese Bemühungen waren aber gescheitert. Dem Unternehmen steht es nun offen, zu klagen und auf Schadenersatz zu pochen.
Gabriel: "Das kann ich nicht verantworten"
Gabriel begründete unterdessen den Stopp eines deutschen Rüstungsgeschäfts mit Russland mit der Gefahr einer Ausweitung des Militärkonflikts. "Ich riskiere durch die Auslieferung eines Gefechtszentrums an Russland, dass die militärische Expansion, dass die militärischen Auseinandersetzungen größer werden", sagte Gabriel am Montag bei einem Unternehmensbesuch im brandenburgischen Wildau. "Das kann ich nicht verantworten", fügte der Minister hinzu.
"Es geht nicht um Geld, es geht um Menschenleben."
Gabriel sagte am Montag weiter, das Unternehmen habe die Regierung gebeten, für eine "rechtssichere Position" zu sorgen. "Daher haben wir formal die Ausfuhrgenehmigung widerrufen", sagte er weiter.
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