Merkels Wurzeln sorgen für Gesprächsstoff

Ein Schwarzweißporträt einer Familie mit einem Baby.
Der Großvater der Kanzlerin hat in der polnischen Armee gekämpft - u.a. gegen den deutschen Kaiser.

Die deutsche Kanzlerin hat Dank ihrer Sparpolitik gerade wenig Fans in Europa. Nur an der Weichsel gibt es eine frohe Botschaft: Angela Merkels Großvater hat in der polnischen Armee gekämpft, zuerst gegen das deutsche Kaiserreich, später gegen die Rote Armee.

Merkels Großvater, Ludwik Kazmierczak, geboren 1896, lebte in Posen (Poznan), einer Stadt, die bis 1918 zum deutschen Kaiserreich gehörte. Er wurde 1915 in das Deutsche Heer eingezogen und wechselte wohl die Fronten, so die Theorie der aktuellen Gazeta Wyborcza. Die Zeitung verweist auf ein Foto aus dem Jahre 1919, das ihn in der Uniform der sogenannten „Haller Armee“ zeigt, eine Einheit von Polen, die in der französischen Armee kämpfte. Nach dem Ersten Weltkrieg war die Haller Armee in Gefechte um die polnischen Ostgrenze mit der Roten Armee verwickelt.

Danach folgte Merkels Opa seiner deutschen Verlobten Margarethe nach Berlin. Ihr Vater wurde 1926 noch als Horst Kazmierczak geboren, 1930 wurde der Familienname in „Kasner“ eingedeutscht, den Mädchennamen der Kanzlerin.

Cousin im Plattenbau

Seit einer Woche sind Merkels polnische Wurzeln ein Thema in Polen. Dank einer Biografie des deutschen Journalisten Stefan Kornelius konnte der Cousin ihres Vaters ausgemacht werden: Zygmunt Rychlicki, ein sympathischer Rentner, 79 Jahre alt, der in einer Plattenbauwohnung in Posen wohnt.

Angeblich soll seine Nichte, die deutsche Kanzlerin, nun die Aussprache seines Nachnamens trainieren. Zu viel Nähe zu Polen will bei Angela Merkel, die sich bereits 1995 zu polnischen Wurzeln bekannte, aber nicht aufkommen – eine Ehrenmitgliedschaft des Vereins „Polnische Frauen in Wirtschaft und Kultur“ in Berlin hat sie in Hinblick auf andere Minderheiten in Deutschland abgelehnt.

Die Familiengeschichte spielt in Polen eine große Rolle. Und Ahnen können auch Politiker zu Fall bringen: Der heutige Premierminister Donald Tusk scheiterte 2005 in der Präsidentenwahl, da die nationalkonservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) ausgegraben hatte, dass sein Großvater in der Wehrmacht gedient hatte – ein Schicksal vieler Danziger Polen. Insgesamt erfährt Merkel in Polen ein eher mildes Urteil.

Auch haben sich Polens Rechte noch nicht zum polnisch-patriotischen Hintergrund von Angela Merkel geäußert, ihre Aversion ist nach dem Flugzeug-Unglück von Smolensk vor allem gegen Moskau und die Warschauer liberal-konservative Regierung gerichtet.

Herr Rychlicki, der noch Erinnerung an Merkels Großvater hat, würde sich freuen, der Kanzlerin mal sein Fotoalbum zu zeigen, meinte er gegenüber der polnischen Zeitung. Zu ihrer Politik mag er sich nicht deutlich äußern: „Sie kommt zurecht.“ Wie man es in der Verwandtschaft so sagt, wenn man Wert auf Bescheidenheit legt.

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