May, Macron und Trump schwänzen Weltwirtschaftsforum in Davos

May, Macron und Trump schwänzen Weltwirtschaftsforum in Davos
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen beginnt heute die 49. Jahrestagung. Kanzler Kurz wird am Mittwoch in der Schweiz erwartet.

Ohne US-Präsident Donald Trump und den französischen Staatschef Emmanuel Macron beginnt am Dienstag (11.00 Uhr) in Davos die 49. Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums. Mit Spannung erwartet wird die erste größere Rede des rechtspopulistischen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro (15.30 Uhr), dessen jüngster Wahlsieg das größte Land Lateinamerikas spaltet.

Zum Auftakt des viertägigen Treffens in den Schweizer Alpen steht auch ein Gespräch zwischen dem britischen Prinzen William und dem Naturfilmer Sir David Attenborough über Umweltschutz auf dem Programm. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird am Mittwochnachmittag in Davos erwartet.

Absagen aufgrund innenpolitischer Turbulenzen

Bei der Tagung diskutieren mehr als 3000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft über Lösungen für internationale Probleme wie Klimawandel, Cyberattacken und Handelskriege. Dies allerdings ohne einige wichtige Staatschefs. Die britische Premierministerin Theresa May bleibt wegen des Streits um den Brexit zu Hause, der französische Präsident Emmanuel Macron wegen der "Gelbwesten"-Proteste. US-Präsident Donald Trump, der seine Teilnahme wegen des Haushaltsstreits in den USA schon vor Tagen abgesagt hatte, strich am Donnerstag auch noch die Reise der gesamten US-Delegation.

Die Tagung steht in diesem Jahr unter dem Motto "Globalisierung 4.0: Auf der Suche nach einer globalen Architektur im Zeitalter der Vierten Industriellen Revolution". Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan forderte, das Treffen müsse den Klimawandel stärker in den Fokus nehmen.

"Es gibt jedes Jahr ein bestimmendes Thema in Davos. Und in diesem Jahr müsste Klima dieses Thema sein", sagte Morgan der Deutschen Presse-Agentur. Jeder Teilnehmer müsse den Klimawandel ansprechen. "Das ganze Konzept und der Ansatz hier sind unvereinbar mit der Realität des Klimawandels." Morgan kritisierte: "Man kann nicht über Globalisierung oder über industrielle Revolution 4.0 reden, ohne den Klimawandel als Rahmenbedingung zu setzen und zu verstehen."

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Der britische Naturfilmer Attenborough forderte die Teilnehmer zum Einsatz gegen den Klimawandel auf. Der Temperaturanstieg müsse gestoppt und die Meere müssten gereinigt werden, sagte er am Montagabend. "Wir tun den Ozeanen sehr schlimme Dinge an." In Davos seien Menschen versammelt, die Macht hätten. "Wir müssen sie davon überzeugen, dass wir in einer riesigen Krise stecken.

Bis zu 5000 Soldaten

Zahlreiche Sicherheitskräfte sind in der ganzen Schweiz wegen der Konferenz im Einsatz. Außer der Polizei können bis zu 5000 Soldaten eingesetzt werden. Die Kosten betragen etwa 32 Millionen Schweizer Franken (28,21 Mio. Euro), wie lokale Medien berichteten. Der Luftraum über Davos ist in einem Umkreis von 46 Kilometern und bis zu 6000 Metern Höhe gesperrt. Zur Luftraumsicherung ist auch das österreichische Bundesheer mit 23 Luftfahrzeugen und insgesamt 1.100 Soldaten im Einsatz. Viele Staats- und Regierungschefs werden mit Helikoptern in das Tal eingeflogen, das nur wenige Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt liegt.

In mehreren Schweizer Städten hatte es am Wochenende Demonstrationen gegen das WEF, aber auch gegen den Besuch des brasilianischen Präsidenten Bolsonaro gegeben. Kritiker werfen dem Ex-Militär rassistische, sexistische und schwulenfeindliche Äußerungen vor. Zudem erwägt Bolsonaro den Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen.

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Anleger hoffen indes auf eine liberale Wirtschaftspolitik des Mannes, der bereits kurz nach seinem Amtsantritt zum Jahreswechsel die Privatisierung einer Reihe von Flug- und Seehäfen ankündigte. Die Finanzmärkte begrüßten den Regierungswechsel in Lateinamerikas größter Volkswirtschaft mit kräftigen Kursgewinnen.

Allerdings ist noch immer unklar, welchen Kurs der in Wirtschaftsfragen unerfahrene neue Präsident einschlagen wird. Sein Wirtschaftsminister Paulo Guedes will als Anhänger der ultraliberalen Chicago-Schule das Rentensystem privatisieren, Steuern senken und Staatsbetriebe wie den mächtigen Ölkonzern Petrobras privatisieren. Die Militärs in Bolsonaros Umfeld setzen hingegen auf staatlich gelenkte Schlüsselindustrien. Welche Strömung sich letztlich durchsetzt, muss sich erst noch zeigen.

Kurz trifft Cook

Bundeskanzler Kurz und Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) nehmen am Mittwoch und Donnerstag am diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos teil. "Das World Economic Forum bietet eine gute Gelegenheit, um Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft zu treffen. Schwerpunkt der Gespräche ist für mich das Thema Digitalisierung", sagte Kurz im Vorfeld nach Angaben seines Sprechers.

Kurz trifft in Davos die Bosse von Internetkonzernen, die von den österreichischen Digitalsteuer-Plänen betroffen wären, die Österreich den IT-Riesen nach dem vorläufigen Scheitern einer europäischen Lösung im Alleingang auferlegen will. Die Regierung erwartet dadurch rund 200 Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen. Kurz betonte: "Wir müssen die Chancen der Digitalisierung nutzen, zugleich aber auch Internetgiganten fair besteuern. Daher wird Österreich eine Digitalsteuer einführen und weiterhin darauf dringen, diese auch EU-weit einzuführen."

Kurz trifft in Davos laut Bundeskanzleramt die Chefs von Apple (Tim Cook), Alibaba (Jack Ma), Uber (Dara Khosroshahi), Novartis (Vasant Narasimhan) und ABB (Ulrich Spiesshofer) sowie die Facebook-Topmanagerin Sheryl Sandberg und den früheren britischen Vize-Premierminister Nick Clegg. Außerdem sind Treffen mit den Chefs von Goldman Sachs (David Solomon), JP Morgan (Jamie Dimon) und Carlyle Group (David Rubenstein) geplant.

Bilaterale Treffen mit Kneissl

Neben den Treffen mit den Wirtschaftsbossen sind auch bilaterale Begegnungen anberaumt, die Kurz gemeinsam mit Kneissl absolviert. Gemeinsam treffen sie die den chinesischen Vizepräsident Wang Qishan und die äthiopische Menschenrechtsaktivistin Yetnebersh Nigussie, die als Beraterin für "Licht für die Welt" 2017 den Alternativen Nobelpreis zuerkannt bekommen hat.

Kneissl trifft außerdem bilateral die IWF-Chefin Christine Lagarde und BP-Chef Bob Dudley sowie den Handelsminister des Oman, wie das Außenamt auf APA-Anfrage mitteilte. Die Außenministerin nimmt außerdem an zwei Panels teil: zu den Themen Eurasien im Globalen Kontext sowie zu Russland. Auch bei einer Diskussion über den Nahen Osten und Nordafrika beteiligt sie sich.

Auch der Bundeskanzler nimmt an einer Podiumsdiskussion teil: am Donnerstagvormittag spricht er gemeinsam mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Präsidenten Ruandas, Paul Kagame, und Südafrikas, Cyril Ramaphosa, über Europa und Afrika. Danach hält Kurz eine Rede.

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